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AboZukunft des FCB-Trainers

Fabio Celestinis Tanz zwischen zwei Welten

Trainer Fabio Celestini vom FC Basel bei einer Medienkonferenz, Basel, 22. Mai 2025, vor einem Mikrofon.
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In Kürze:

  • Celestinis erfolgreiche Wende beim FCB weckt Interesse des spanischen Clubs FC Getafe.
  • Der Trainer führte Basel in 19 Monaten vom Abstiegsplatz zum Meistertitel.
  • Beim spanische Erstligisten könnte Trainer José Bordalás zu Sevilla gehen.
  • Trotz Champions-League-Perspektive in Basel lässt Celestini seine Zukunft offen.

Es ist ein kurzes Zögern. Eine kleine Unsicherheit, wie man sie von Fabio Celestini selten sieht. Zwar ist es nur eine Nebensächlichkeit, aber in der aktuellen Situation vielleicht eben auch ein Zeichen: Wo soll sich der Trainer des FC Basel auf dem Podium hinsetzen, als sein Arbeitgeber am Donnerstag zur Pressekonferenz bittet? Neben FCB-Mediensprecher Simon Walter ins Zentrum dieses Trios? Oder neben Xherdan Shaqiri an den Rand dieser Reihe?

Schliesslich sitzt Shaqiri zwischen Walter und Celestini. Der Romand hat entschieden, sich ganz aussen zu positionieren, als wolle er aus der Reihe tanzen. Im Mittelpunkt dieser Gesprächsrunde soll jener sein, der in den vergangenen Wochen im Spiel des FC Basel den Unterschied gemacht hat: Xherdan Shaqiri. Als wolle Celestini sagen: Die Aufmerksamkeit soll auf den Captain, Lenker und Denker seiner Equipe gelenkt werden.

Dabei ist Celestini in den letzten Tagen in den Fokus gerückt. Wieder einmal ist man geneigt zu sagen. Und diesmal geht es nicht darum, ob er bleiben darf, sondern ob er gehen will.

Bereits Anfang April gehörten die Schlagzeilen dem Westschweizer, weil aus der Schaltzentrale des FC Basel Internes nach aussen gedrungen ist. Dass man sich nach der 1:2-Heimniederlage gegen die Young Boys in der zweiwöchigen Nationalmannschaftspause intensiv Gedanken über die Zukunft von Celestini in Basel gemacht hat. Und dass mit Patrick Rahmen und Peter Zeidler bereits zwei mögliche Nachfolger vom FCB kontaktiert worden seien.

Vom Wackelkandidaten zum Meistertrainer

Was danach geschah, ist hinlänglich bekannt: Der FCB startete eine eindrückliche Siegesserie. Aus dem Wackelkandidaten wurde der Meistertrainer, der plötzlich wieder Rückendeckung aus der Vereinsführung genoss – und noch immer geniesst. Basels Sportdirektor Daniel Stucki sagte am Donnerstag: «Stand jetzt hat Celestini noch ein Jahr einen Vertrag. Wir gehen also davon aus, dass er Trainer bleibt, und wollen das auch. Aber wir sind auch nicht blauäugig und denken, dass ein Trainer mit diesem Palmares keine Angebote hat.»

In diese Richtung könnte es nun gehen. Aus Spanien ist in diesen Tagen zu vernehmen, dass Getafe bei Celestini angefragt hat, ob er im Sommer verfügbar sei. Der 13. der La Liga könnte Trainer José Bordalás an den FC Sevilla verlieren. Deshalb steht der 49-Jähriger auf der Wunschliste der Madrilenen, wenn es um Bordálas Nachfolge geht.

Die Sportzeitung Marça berichtet gar, dass Celestini den Kontakt zum FC Getafe, für den er 150 Partien als Spieler absolviert hat, nicht dementiert. Das deutet darauf hin, dass das Ganze mehr als ein Gerücht aus dem Süden Europas ist.

Also: «Fabio Celestini, hatten Sie zuletzt Kontakt zu Getafe?» Celestini nimmt die Frage mit einem Schmunzeln entgegen. Dann sagt er das, was er in der Vergangenheit schon mehrmals vor den Schweizer Medien betont hat: «Es ist immer das Gleiche. Es hiess vor Wochen, dass ich gehen muss, dann, dass ich bleiben darf, und nun heisst es wieder, dass ich gehe. Aber ich habe nur den Cupfinal, die Aktualität, in meinem Fokus.»

Die «Rechnung» mache er erst im Juni, wenn die letzte Pflichtpartie der Saison gespielt ist. Und er fügt an: «Ich habe im Moment keinen Kontakt zu meinem Agenten.»

Xherdan Shaqiri und Trainer Fabio Celestini vom FC Basel bei einer Medienkonferenz. Im Hintergrund Werbebanner mit Logos von Sponsoren und der Schriftzug ’Mir sin Basel’.

Was heisst das nun konkret? Darüber kann nur gemutmasst werden. Fakt ist, dass Celestini den FC Basel Ende Oktober 2023 als Tabellenletzter der Super League übernommen hat. Und dass er sich am Abend des 1. Juni 2025 aller Voraussicht nach Double-Trainer nennen darf. Vorausgesetzt, der FCB siegt im Cupfinal gegen die Amateure aus Biel. Der Gewinn von zwei Pokalen nach einer Saison, in der Rotblau beinahe abgestiegen wäre, ist ein Leistungsausweis, der sich sehen lassen darf. Und der bis weit über die Landesgrenzen hinaus wahrgenommen wird.

La Liga ruft

Nach dem Cupfinal wird sich also entscheiden: Bleibt er oder geht er? Noch nie hat Celestini in der Champions League eine Mannschaft betreut. Die Europa League kennt er aus seiner Zeit in Lugano, die Conference-League-Qualifikation aus seiner Luzern-Ära. Aber die Königsklasse fehlt ihm in seinem Trainer-Palmares noch. So sagt der 49-Jährige: «Mit dem FCB in der Champions League in diesem Stadion zu spielen – das ist nicht so schlecht.» Es wäre ein Argument, um zu bleiben.

Aber es ruft eben auch La Liga, eine der Top-5-Ligen Europas. Mit Getafe soll ein Verein an ihm Interesse bekunden, der ihm besonders am Herzen liegt und den er aus dem Effeff kennt. «Getafe ist – wie Lausanne – meine Heimat», sagt Celestini. Es wäre – nebst dem monetären Ansatz – ein starkes Argument, um zu gehen. Umso mehr, dass Celestini in Basel erlebt hat, wie rasch sein Stuhl wackeln kann, wenn es gerade nicht läuft. Jedenfalls dann, wenn tatsächlich ein Angebot von Getafe – oder einem vergleichbaren Club – kommt.

Doch was bedeutet ihm der FC Basel? «Ich habe vieles in meiner Karriere als Spieler erlebt, aber ich war nie eine solch wichtige Person wie hier in Basel.» Es fällt ihm nicht leicht, all das, was er in den letzten Monaten bei Rotblau erlebt hat, einzuordnen. Aber er könne nach dieser verrückten Zeit guten Gewissens auch von sich sagen: «Ja, ich bin Basler.»

Celestinis eine Welt, die aktuelle, ist also Basel. Celestinis andere Welt, die vergangene, Spanien, wo er nicht nur Fussball gespielt, sondern vor seinem Wechsel ans Rheinknie auch gelebt hat.

Aber wo liegt die zukünftige?

Fabio Celestini lässt diese Frage natürlich noch offen. Aber es ist gut möglich, dass er am Samstag bereits sein letztes Heimspiel als Trainer des FC Basel erlebt.

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Stattdessen schlafen die Spieler wie üblich zu Hause.Die Amateure dürfen sich wie Stars fühlenUnd doch ist nichts normal an diesem Tag für den FC Biel. Am Grauholz wird eine Polizeieskorte den Mannschaftsbus empfangen. Die Amateure dürfen sich wie Stars fühlen.27 von 28 von ihnen haben einen auslaufenden Vertrag, nach dem Verpassen des Aufstiegs in die Challenge League dürften viele weiterziehen. Das gilt auch für Sportkoordinator Oliver Zesiger, der Scout beim FC Lugano wird. So wird der Cupfinal für den FC Biel zum letzten Hurra.Vier Protagonisten haben einen speziellen Anteil am Erfolg des Underdogs.Der Goalie und die Gedanken an ShaqiriDer Mann mit den Nerven aus Stahl: Raphael Radtke liess mit seinen Paraden auf dem Weg in den Cupfinal bereits den FC Lugano und die Young Boys verzweifeln.Foto: Adrian MoserAm Sonntag wird Raphael Radtke in einer Berner WG aufwachen, den Zug nach Biel nehmen, um dann mit dem Team wieder nach Bern zu fahren. «Statt zwanzig Minuten dauert der Weg nun halt zwei Stunden», sagt der 23-Jährige. Er wirkt nicht so, als würde es ihm etwas ausmachen, natürlich nicht.Radtke ist der Goalie, der auf dem Weg in den Final erst den FC Lugano und dann YB zum Verzweifeln brachte. Auf eine Parade ist er besonders stolz, jene gegen die Berner, als er Lukasz Lakomys Schuss in der Verlängerung mit den Fingerspitzen an die Latte lenkte. 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Fast wie bei einer Hochzeit.Das Cup-Abenteuer des FC BielNewsletterRotblau aktuellErhalten Sie die wichtigsten und interessantesten Geschichten und News rund um den FCB.Weitere NewsletterEinloggenDritte Halbzeit – der Fussball-Podcast von TamediaDiesen Podcast können Sie auch auf allen gängigen Podcast-Plattformen kostenlos hören und abonnieren.Marco Oppliger ist seit 2013 als Sportredaktor für Tamedia tätig. Seine Kernthemen sind Eishockey und Ski Alpin, ebenso berichtet er über Schwingen und Leichtathletik.Mehr InfosDominic Wuillemin arbeitet als Sportredaktor bei Tamedia und schreibt seit 2010 über Sportthemen – mit Fokus auf Fussball.Mehr InfosFehler gefunden?Jetzt melden.0 Kommentare

  • Reaktionen auf Kurvensperre: Der FCB wehrt sich, Eymann erklärt sich

    AboReaktionen auf Kurvensperre – Der FCB wehrt sich, Eymann erklärt sichBeim nächsten Heimspiel im St.-Jakob-Park wird ein Teil der Muttenzer­kurve zu sein. Die Behörden sehen nur diesen Weg, der FC Basel wird dagegen klagen.Publiziert heute um 17:45 UhrAuf den Rängen herrschte am Samstag im Letzigrund eine super Stimmung. Zu den Krawallen kam es nach dem Spiel.Foto: Claudio Thoma (Freshfocus)Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.BotTalkDie Sachlage ist eindeutig: Rund 50 vermummte, der Anhängerschaft des FC Basel zugeordnete Menschen haben im Anschluss an das Super-League-Spiel vom Samstag beim FC Zürich eine Gruppe von 30 FCZ-Fans angegriffen. Die Gewalttätigkeiten beim Letzigrund-Stadion sollen mehrere Minuten gedauert haben. So steht es in der Medienmitteilung der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Und so zeigen es die Videoaufnahmen, die der Polizei zur Verfügung stehen.Die Konsequenz: Für die Partie des FC Basel vom Ostermontag gegen Yverdon bleibt der Parkettbereich der Muttenzerkurve geschlossen. Ebenso hat der FCB am Mittwoch, als er die Verfügung erhalten hat, den Ticketverkauf für die restlichen Sektoren per sofort stoppen müssen.Just in einer Phase, in der es dem FCB sportlich ausgezeichnet läuft, muss er sich also wieder einmal mit dem Geschehen abseits des Rasens beschäftigen. In seiner Stellungnahme schreibt der Club, dass er «Fangewalt jeglicher Art aufs Schärfste verurteilt und sich intensiv dafür einsetzt, dieser wenn immer möglich präventiv zu begegnen und individuelle Verfehlungen konsequent zu sanktionieren».Aufgabe der Polizei, nicht des FCBDer Verein schreibt aber auch, dass er «sich vehement gegen solch verfassungswidrige Kollektivstrafen stellt, und dass er – trotz der leicht reduzierten Strafe in Form einer Teil-Sektorsperre – entschlossen juristisch dagegen vorgehen wird.» Es ist denkbar, dass der FCB Forderungen geltend macht – etwa für den finanziellen Schaden der Teilsperre.Und der FC Basel sieht auch keine rechtliche Grundlage, weshalb er für diese Schlägerei haftbar ist: «Absolut zu verurteilende Einzelfälle wie jener am Samstagabend in Zürich lassen sich mit solchen Strafen nicht verhindern – auf öffentlichem Grund ist dies die Aufgabe der Polizei.» Mit der Teilsperre werden nun vor allem diejenigen bestraft, die mit der Gewalttat gar nichts zu tun haben.Auf Stufe 3 im KaskadenmodellEs ist nun erstmals der Fall, dass die Basler Regierungsrätin Stephanie Eymann das Kaskadenmodell anwendet. 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Ebenso ist er seit seiner Jugend mit den Geschehnissen rund um den FC Basel vertraut, über den er heute regelmässig berichtet. Und: Er hat seit 2007 kein Eidgenössisches Schwingfest verpasst.Mehr InfosFehler gefunden?Jetzt melden.0 Kommentare