
Ludovic Magnin auf der BaZ-Redaktion: «Meine Frau sagt, ich würde wie Ottmar Hitzfeld reden – das gefällt ihr nicht»
Dieser Artikel wurde von BAZ publiziert.
AboLudovic Magnin auf der BaZ-Redaktion
«Meine Frau sagt, ich würde wie Ottmar Hitzfeld reden – das gefällt ihr nicht»
Der FCB-Trainer spricht über seine Familie, Ancillo Canepa und ein Kabinenfest mit Marco Streller. Nur Schweizerdeutsch bleibt weiter tabu.

FCB-Trainer Ludovic Magnin in den Redaktionsräumen der «Basler Zeitung» am Aeschenplatz.
Foto: Kostas Maros
- Als Trainer vermittelt Ludovic Magnin seine Spielidee mit offensivem, mutigem Fussball beim FC Basel.
- Der gebürtige Romand verbindet seine welsche Lebensfreude mit Deutschschweizer Arbeitsmoral.
- Mit Marco Streller feierte er beim VfB Stuttgart seinen zweiten deutschen Meistertitel als Spieler.
- Zu Beginn seiner Karriere wurde Lucien Favre für ihn zur prägenden Trainerfigur.
Als neuer Trainer des FC Basel nahm sich Ludovic Magnin einen Nachmittag lang Zeit, um in den Redaktionsräumen der «Basler Zeitung» über sich, sein Leben und seinen Fussball zu sprechen. Dabei stellte sich der 46-Jährige nicht nur den Fragen der BaZ-Leser, sondern auch jenen der Sportredaktion.
Ludovic Magnin, Sie hatten eine intensive Anfangsphase hier in Basel. Doch allen Veränderungen zum Trotz: Sind Sie der alte «Ludo» geblieben?
Natürlich musste ich mich anpassen. Aber ich selbst zu bleiben, war mir immer extrem wichtig. Das kommt auch von meinem Vater.
Inwiefern?
Er hat eher Witze erzählt als Ratschläge fürs Leben gegeben. Etwas sagte er aber, das mir geblieben ist: Vergiss nie, woher du kommst!
Woher kommen Sie denn?
Aus Echallens.
Aber was nimmt man aus dem Leben der Familie Magnin in dieser Westschweizer Gemeinde mit?
Dass das Leben kein Sugus ist. Mein Vater war Unternehmer. Er hatte eine grosse Schreinerei in Echallens mit rund 100 Angestellten. Ich hatte eine wunderbare Kindheit. Dann kam die Baukrise in den 1990er-Jahren – und mein Vater musste Leute entlassen, die seit 40 Jahren mit ihm gearbeitet hatten. Ich habe ihn mit feuchten Augen am Mittagstisch gesehen. Da realisierte ich, dass das Leben anders, komplizierter ist, als ich das bis dahin wahrgenommen hatte.
«Als Trainer vertraue ich brutal auf mein Auge und mein Bauchgefühl.»
Hat Ihnen das eine gewisse Ernsthaftigkeit gegeben?
Absolut. Ich glaube, dieses Ereignis hat in mir einen Schalter umgelegt, um zu verstehen: Man muss Gas geben. Und das tat ich. Als ich bei Yverdon in die Nationalliga B kam, absolvierte ich gleichzeitig das Lehrerseminar. Ich stand jeden Morgen um 6 Uhr auf, ging zur Schule oder dann später ins Praktikum, um dann am späten Nachmittag oder Abend auch noch auf diesem Niveau zu trainieren. Erst als ich die Ausbildung zum Primarlehrer abgeschlossen hatte, setzte ich auf die Karte Profifussball. Jungen Spielern in Lausanne vermittelte ich deshalb diese Message: Wenn du am Morgen immer bis 10 Uhr im Bett bleibst, wirst du nie Karriere im Fussball machen.
Waren Sie als Fussballer auch ein Arbeiter?
Zu hundert Prozent. Schon nur in meinem Dorf gab es mindestens drei Spieler, die mehr Talent in den Füssen hatten als ich. Meine grössten Talente als Fussballer steckten in meinem Kopf. Damit meine ich die Spielintelligenz, meinen Willen und meine Entschlossenheit.
Bei der Auswahl von jungen Spielern geht es jedoch selten um die Mentalität und meist um das Können in den Füssen …
Ja, weil unsere Welt Daten verlangt. Es ist einfach, einen Konditionstest zu machen, um festzustellen, dass jemand schnell und ausdauernd ist. Das sind wertvolle Angaben. Aber als Trainer vertraue ich brutal auf mein Auge und mein Bauchgefühl. Ich musste Spielern auch schon sagen: Ich kann dir keine fachliche Erklärung geben, warum du nicht spielst, das ist einfach mein Gefühl.

«Meine grössten Talente als Fussballer steckten in meinem Kopf:» Ludovic Magnin, ehemaliger Schweizer Nationalspieler.
Foto: Kostas Maros
Auf den ersten Blick wirken Sie auf uns Deutschschweizer wie der Romand aus dem Bilderbuch …
(lacht laut)
… aber tatsächlich sind Sie wohl eher ein Deutschschweizer Romand, oder?
Dort, wo ich aufgewachsen bin, sagen alle: Du bist der deutscheste Romand, den es gibt. Ich bin jemand, der das Leben liebt, ich lache gerne – das ist meine welsche Seite. Aber sobald ich etwas tue, arbeite ich für den maximalen Erfolg, und zwar ohne Kompromiss. Das ist meine Deutschschweizer Seite. Kürzlich fragten wir im Team, wer welches Emoji ist. Bei mir wurden zwei genannt: jenes, das vor Lachen Tränen in den Augen hat – und jenes mit dem roten, fordernden Kopf.
«Ich träume Deutsch – mit allen Grammatikfehlern.»
Das ist passend, oder?
Ja. Und ich mag die Mischung. Ich glaube, auch deshalb war ich als Spieler in der Nationalmannschaft immer ein Brückenbauer. Dass ich so früh nach Deutschland gewechselt bin und schliesslich dank der Beziehung zu meiner Frau aus dem St. Galler Rheintal genauso viel Zeit im deutschsprachigen Raum wie in meiner Heimat verbracht habe, macht mich zu dem, der ich bin. Ich träume auch Deutsch.
Wirklich?
Ja! Es setzte während meiner Bundesliga-Zeit ein. Und ich träume dabei genau so, wie ich spreche. Mit allen Grammatikfehlern. (grinst)
Träumen Sie auch Schweizerdeutsch?
Nein, Schweizerdeutsch hat mir meine Frau verboten.
Aber Sie könnten folglich Schweizerdeutsch … Dürfen wir es mal hören?
Nein. Aber ich kann Ihnen einen Anhaltspunkt geben: Der Grund für das Verbot ist, dass meine Frau sagt, ich würde Schweizerdeutsch wie Ottmar Hitzfeld reden – und das gefällt ihr nicht.
Sprechen Sie mit Ihrer Frau, den Kindern Deutsch oder Französisch?
Hauptsächlich Deutsch. Französisch fast nur, wenn wir bei meinen Eltern sind. Das Französisch ist bei meinen Kindern leider zu kurz gekommen, das ist ein wunder Punkt.
Sie haben vier Kinder, das sind ja nicht gerade wenige. War das schon immer Ihr Wunsch?
In Deutschland habe ich damals kaum Deutsch verstanden, und im Fernsehen kam auch nichts Schlaues, deshalb (schmunzelt) … Ganz so war es natürlich nicht. Im Leben kann man nicht alles erklären, das hat sich einfach so ergeben.
Das jüngste Kind ist elf Jahre alt, da ist man als Eltern noch gefordert. Ist Ihre Familie Ihr grösstes Hobby?
Hmmm … Ich habe das Glück, dass meine Frau extrem selbstständig ist, zu Hause alles regelt und mir vieles abnimmt. Meine Wohnung in Basel wurde eingerichtet, als ich im Trainingslager war. Wir sind ein gutes Team. Aber mich beschäftigt ernsthaft, dass ich meine Kinder nicht so aufwachsen sehe wie andere. Womöglich werde ich das bereuen. Gleichzeitig darf ich nicht jammern, denn ich habe einen super Job – wäre es anders, wäre ich nicht Trainer. Und es ist auch in anderen Berufen so: Erreicht man ein gewisses Level und will dort weitermachen, dann geht das leider oftmals auf Kosten der Familie.
Was ist denn das Tolle am Trainerjob?
Zum einen finde ich es spannend, 40 bis 50 verschiedene Menschen auf eine gemeinsame Idee zu bringen. Diese Menschen bringen unterschiedliche Kulturen und Religionen mit, das braucht Offenheit. Zum anderen bin ich zwar 46 Jahre alt, fühle mich aber überhaupt nicht so! Jeden Tag arbeite ich mit jungen Erwachsenen, einige sind noch Teenager. Die haben einen anderen Wortschatz, eine andere Art, das hält mich jung. Hinzu kommt der Reiz, sich als Trainer beweisen zu können. Du willst, dass diejenigen, die dich mögen, weiterhin stolz auf dich sind. Und den Leuten, die nicht an dich glauben, kannst du zeigen, dass du gar nicht so schlecht bist.

«Alles steht und fällt damit, wie man mit den Mitmenschen umgeht»: Ludovic Magnin darüber, was ein Trainer haben muss.
Foto: Kostas Maros
Was muss man als Trainer im Jahr 2025 unbedingt können?
Alles steht und fällt damit, wie man mit seinen Mitmenschen umgeht. Generell – und speziell in einer Führungsposition.
Aber was unterscheidet einen Trainer im Jahr 1997, als Sie in die Challenge League kamen, von einem Trainer 2025?
Damals gab es in einem Verein den Trainer und einen Präsidenten, die an der Spitze der Pyramide standen und alles bestimmten. Der Trainer hatte einen Assistenten und bestenfalls noch einen Goalietrainer zur Seite. Heute gibt es für vieles Spezialisten, die den Trainer unterstützen. Gleichzeitig sind die Clubs Aktiengesellschaften mit einem Verwaltungsrat. Es gibt Sportdirektoren oder gleich Sportkommissionen. Es hat folglich nicht nur mehr Menschen, die assistieren, sondern auch mehr Menschen über dem Trainer. Möglichst alle von sich und seiner Idee zu überzeugen, ist da sehr anspruchsvoll.
Sie gingen jung in die Bundesliga, waren Doublesieger mit Werder Bremen und nochmals Meister mit dem VfB Stuttgart …
… mit dem wir dann das Pokalfinale verloren. Ich wäre also fast zum weltweit einzigen Spieler geworden, der mit zwei deutschen Clubs das Double holte, ohne bei Bayern München gespielt zu haben. Da hätte ich in Frieden ruhen können – nun muss ich halt noch etwas leisten. Im Ernst: Ich hatte das Glück, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. Nur Christian Gentner und ich sind mit zwei Clubs Meister geworden, ohne bei den Bayern gespielt zu haben. Er war mit mir in Stuttgart und dann noch in Wolfsburg.
Wie schafft man das?
Wenn die Bayern nicht schwächeln, hat man in Deutschland keine Chance. Wanken sie, muss man bereit sein. Bei beiden Titeln zählten wir vor der Saison auf dem Papier nicht zu den Top 3. Aber ich war in Mannschaften, in denen eine grossartige Stimmung herrschte. Durch diese Geschichten sind auch Miroslav Klose und Johan Micoud in Bremen oder Mario Gomez in Stuttgart gross herausgekommen.
Stellen Sie einen Bundesliga-Titel über den anderen?
Ja, eindeutig Stuttgart im Jahr 2007. Da war ich ein Führungsspieler, habe alle Partien gemacht – ausser am Anfang, als ich noch den Club wechseln wollte.
Wo wollten Sie denn hin?
Zur AS Roma. Bis im letzten Moment habe ich eigentlich darauf gewartet, den Privatjet Richtung Italien nehmen zu können. Ich stand jeden Tag bei VfB-Trainer Armin Veh in der Kabine und sagte zu ihm: Ich will gehen. Irgendwann hat er nur noch gelacht. Wohl auch, weil er wusste, dass ich weiter Vollgas geben werde, wenn es mit dem Wechsel nicht klappt. Spieler, die quasi streiken, einen Transfer erzwingen – das war damals rar.

Einmal Vollgas, bitte: Mit Marco Streller (links) feiert Ludovic Magnin in Stuttgart 2007 den deutschen Meistertitel – und schon vorher das eine oder andere Fest.
Foto: Baumann (Imago)
War das Meisterjahr in Stuttgart die beste Zeit als Fussballer?
2006 und 2007 waren sicher die tollsten Jahre. Mit Stuttgart haben wir im Frühjahr 2007 die letzten acht Spiele gewonnen. Und meistens haben wir uns dabei nicht überlegt, ob wir gewinnen – sondern wie hoch. Ein solches Gefühl hat man nur selten in der Karriere, man ist häufiger am Kämpfen, fühlt sich unter Druck. Und zuvor, an der WM 2006 in Deutschland, da war ich in einer unglaublichen Form. Dieses erste Tor gegen Togo… Wenn ich die Bilder manchmal anschaue, können meine Kinder fast nicht glauben, dass ich da schneller war als alle anderen. Mein Selbstvertrauen war auf dem Höhepunkt. Ausser in einem ganz bestimmten Moment …
Sie sprechen wohl den WM-Achtelfinal 2006 gegen die Ukraine an, den Sie mit der Schweiz im Elfmeterschiessen verloren …
Ja, genau. Ich bereue, dass ich damals nicht schiessen wollte. Wir alle hatten so grossen Respekt. Selbst die drei Spieler, die verschossen haben, wollten nicht antreten. Hut ab, dass sie diese Verantwortung übernommen haben. Dieses Ausscheiden ist noch sehr präsent, es hat extrem wehgetan. Denn auch das menschliche Lebensabenteuer war dann vorbei.
Die Basler, die dabei waren, schwärmen noch heute davon. Sie auch?
Es war sensationell. Wenn man von einem Team aus Freunden spricht, war das für mich diese Nationalmannschaft. Insbesondere was den Umgang neben dem Platz anging.
Wie eng sind Sie noch mit Marco Streller, Alex Frei und auch Benjamin Huggel?
Ziemlich eng. Seit ich in Basel bin, habe ich sie leider noch nicht gesehen. Vor diesem Moment habe ich aber auch ein bisschen Angst, weil ich als FCB-Trainer nicht machen kann, was sie jetzt dürfen. Solange ich sie nicht sehe, ist auch keine Versuchung da.
Was meinen Sie?
Spass beiseite, wir sind ja keine 25 mehr. Aber früher war es schon so: Bereits wenn ich mit Marco und Beni zusammen war, konnte es – in Anführungs- und Schlusszeichen – gefährlich werden. Kam dann noch Alex dazu … (grinst)
Konnten die Spieler früher eigentlich besser feiern als heute?
War früher alles besser? Ich sage das nicht. Gerade in meinem Alter sollte man sich bewusst sein, dass wir es sind, welche die neue Generation erzogen haben – und auch die Welt mit erschaffen haben, in der wir heute leben. Die Jungen können nichts dafür, dass es das Internet und Smartphones gibt. Wäre ich heute Fussball-Profi, mein Kontostand wäre höher. Da hätte ich nichts dagegen. Aber dafür musste ich in meiner Zeit auch weniger leisten, auf weniger verzichten. Ich hatte ein Leben neben dem Fussball.
Nochmals: Wie war es damals mit dem Feiern?
Ich sage immer im Scherz, aber auch mit einer Prise Wahrheit: Es gibt ehemalige Teamkollegen, die niemals pleitegehen dürfen. Denn wenn sie dann ein Buch schreiben, wäre das ein Bestseller – und ich sowie einige andere aus dieser lustigen Zeit hätten ein Problem. (lacht) Hätte es damals schon soziale Medien mit all den Fotos gegeben, wäre das für den einen oder andern heikel gewesen.
Wie erinnern Sie sich an die Generalversammlung beim VfB Stuttgart? Mario Gomez erzählte mal, dass Marco Streller da nach einem Kabinenfest ziemlich betrunken erschienen sei …
(lacht laut) Steht, was ich jetzt erzähle, dann in der Zeitung?
Klar.
Nun gut, wenn Gomez das gesagt hat … Tatsächlich hatten wir am Morgen trainiert, und die Generalversammlung war für spätnachmittags angesetzt. Die Zeit dazwischen überbrückten wir mit einem unserer Kabinenfeste. Da gab es stets Weisswürste und Weissbier. An der GV merkte man dann, dass Strelli nach dem Training etwas mehr Durst gehabt hatte als andere … Doch wissen Sie was? Das war eine der harmlosesten Geschichten, die wir in dieser Zeit erlebt hatten – und mehr gebe ich nicht preis!

Gesprächspartner mit hohem Unterhaltungswert: Ludovic Magnin (Zweiter von rechts) auf der BaZ-Redaktion.
Foto: Kostas Maros
Aber sind solche Aktivitäten auch heute noch Teil des Teambuildings?
In der Kabine Weissbier trinken, das geht einfach nicht mehr. In dieser Hinsicht befinden wir uns in einer anderen Welt.
Werden dennoch Dinge zusammen unternommen?
Ja, unbedingt – aber andere. Das ist mir als Trainer sehr wichtig. In Lausanne war das ein Padel-Turnier, Grillen am See, Bootsfahrten, Go-Kart. Auch da können in einer Mannschaft Geschichten entstehen, die in der Mannschaft bleiben. Und gemeinsame Geheimnisse schweissen ein Team zusammen.
Haben Sie Spieler in dieser Hinsicht auch schon getestet?
Was heisst getestet? Ich sage es so: Manchmal erzählt man dem Team etwas und hofft, dass es ein Geheimnis bleibt. Mal tut es das, mal nicht – ich habe beides erlebt, das ist ein gutes Barometer. Bleibt etwas im Team, ist dieses intakt. Wenn nicht, ist die Atmosphäre gestört.
Apropos Atmosphäre: Wie ist Ihr Verhältnis zu FCZ-Präsident Ancillo Canepa?
Sehr gut! Cillo und Heliane sind zwei sensationelle Menschen, die mir die Chance gegeben haben, nach meiner ersten Karriere eine neue zu starten. Ich habe ihnen viel zu verdanken. Ich fühlte mich bereit, hatte aber eigentlich nicht die nötige Erfahrung. Trotzdem haben sie mich als Trainer der Profis ins kalte Wasser geworfen. Das rechne ich ihnen hoch an.
Die Canepas haben Sie aber auch entlassen …
Ja, und? Ich war ein junger Trainer, hinzu kam noch die Coronapandemie. Ich glaube, es war für beide Seiten der richtige Moment. So stelle ich mir den Fussball vor: Wir hatten eine gute Zeit, die irgendwann endete. Böses Blut gab es in meiner Trainerkarriere bisher nie.
Was bedeutet für Sie als Trainer Erfahrung?
Dass ich das Gefühl habe, nach jeder Station besser zu werden. Ich kenne verschiedene Vereine und Strukturen und kann besser mit Problemen umgehen, wenn ich diesen zuvor schon mal begegnet bin. Zudem habe ich erlebt, dass mit der wachsenden Erfahrung auch die eigene Spielidee an Klarheit gewinnt.
«Es ist schön, wenn man wegen seiner Arbeit zu einem Club geholt wird.»
Zur Spielidee sagten Sie nach dem FCB-Test gegen Wil, dass Sie Ihre Mannschaft bewusst offensiv und attraktiv agieren liessen – selbst wenn das mitunter auf Kosten des Erfolgs gehe. Stimmt das wirklich?
Ich glaube, man kann attraktiven Fussball und Erfolg kombinieren. Aber das geht natürlich nicht in jeder Situation. Mein erstes Jahr als Trainer in Lausanne war erfolgreich, wir sind aufgestiegen. Aber die Mannschaft, die ich übernahm, spielte keinen schönen Fussball: Dreierkette, defensiv, auf Sicherheit und Effizienz bedacht. Weil der Druck gross war, übernahm ich das zunächst. Aber das ist nicht meine Idee, dafür stehe ich nicht sieben Tage in der Woche auf dem Platz.
Sondern?
Sondern für das, was man zuletzt in Lausanne gesehen hat. Wir haben offensiv, mutig gespielt – mit und gegen den Ball. Genau das hat mir dann die Tür nach Basel geöffnet. Wir haben dem FCB damit viel Mühe bereitet, wenn man sich die letzten Aufeinandertreffen anschaut. Das hat unglaublich Spass gemacht. Und es ist schön für einen Trainer, wenn man wegen seiner Idee, seiner Arbeit zu einem Club geholt wird. Nicht wegen Agenten oder Vitamin B. Hier weiss ich nun, dass man das von mir sehen will, was ich zuletzt anzubieten hatte. Also ist nur logisch, dass ich diesen Weg weiterverfolge.
Haben Sie ein Trainervorbild?
Es gab keinen, der alles konnte. Aber jeder hatte eine klare Stärke, die ich mir gemerkt habe. Giovanni Trapattoni war der Beste, wenn es um Menschenführung ging. Armin Veh verstand es meisterhaft, seinen Staff so zusammenzustellen, dass seine eigenen Schwächen kompensiert wurden. Und, und, und …
Gibt es trotzdem einen Trainer, der Sie stärker beeinflusst hat als andere?
Lucien Favre hat mich geprägt – taktisch, technisch und menschlich. Er hat mich 1996 von Echallens nach Yverdon mitgenommen. Da ich noch keine Autoprüfung hatte, fuhr er mich sogar zum Training und wieder zurück … Wir haben auch heute noch eine spezielle Beziehung. Vor meinem Wechsel zum FC Basel habe ich ihn angerufen und nach seiner Meinung gefragt.

Ludovic Magnin 2000 – als er mit Yverdon bereits von der damaligen Nationalliga B in die Nationalliga aufgestiegen war. Zu Beginn chauffierte ihn Coach Lucien Favre noch ins Training und zurück.
Foto: Keystone
Wo liegen denn Ihre eigenen Schwächen als Trainer, die Sie mit dem Staff kompensieren müssen?
Daten, Statistiken, die Arbeit am Computer – das war noch nie meine Leidenschaft. Ich kann zwar eine Powerpoint-Präsentation erstellen und habe als Nachwuchstrainer selber Videos geschnitten. Aber ich bin kein Laptoptrainer, mein Niveau ist da überschaubar.
Und was ist Ihre Stärke?
Ich weiss, wie ich das Maximum aus den Spielern rausholen kann. Nicht weil ich im Taktischen perfekt bin, sondern weil ich verstehe, wie man Menschen motiviert. Und: Ich gebe nie auf. Diese Haltung kann ich auch weitervermitteln. Ich arbeite viel über Gefühl, über Sprache, über den direkten Zugang zu den Spielern.
Erreicht man die Spieler heutzutage wirklich noch nachhaltig?
Ja, viel mehr, als man denkt. Ich arbeite gerne mit Symbolen, man muss sie einfach dosiert und gezielt einsetzen. In Lausanne habe ich meinen Spielern in der finalen Phase auf dem Weg zum Aufstieg Handspiegel geschenkt und Edding-Stifte verteilt. Sie sollten sich im Spiegel anschauen, mit sich selbst einen Vertrag abschliessen und darauf schreiben, was sie erreichen wollen. Das hat gewirkt.
Haben Sie das beim FCB schon eingesetzt?
Nein. Bis jetzt steckt der Karren beim FC Basel ja auch noch nicht im Dreck. Und hätte ich es doch schon getan, dann würde ich es nicht verraten. Gemeinsame Geheimnisse schweissen zusammen.
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