Levin Winkler, Ex-FCB-Junior: Ein Maturand aus Pratteln will am Sonntag den FCB schlagen

Dieser Artikel wurde von BAZ publiziert.

AboEin Baselbieter beim FC Luzern

Levin Winklers besonderer Weg von Pratteln in die Super League

Levin Winkler vom FC Luzern jubelt nach einem Tor in einem Super League Spiel gegen Grasshopper Club Zürich am 3. November 2024 in Luzern.
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In Kürze:

  • Levin Winkler aus Pratteln spielt heute in der ersten Mannschaft von Luzern.
  • Seine fussballerische Karriere begann bei Pratteln und Concordia, später wechselte er zum FC Basel.
  • Im Sommer 2023 kehrte er Basel den Rücken und ging zu Luzern.
  • Für Luzern erzielte er wichtige Tore und spielte über 30 Super-League-Spiele.

Einen guten Monat ist es her. An die Szene mag sich Levin Winkler gern erinnern. Der Mittelfeldspieler des FC Luzern wird im Strafraum des FC Basel angespielt, und nachdem seine erste Schussabgabe geblockt worden ist, landet der zweite Versuch abgelenkt hinter Marwin Hitz im Tor. Luzern führt im St.-Jakob-Park bereits in der ersten Spielminute 1:0, und Winkler dreht ab in Richtung Eckfahne, in Richtung Muttenzerkurve.

Wer genau hinschaut, sieht, dass der 21-Jährige nicht ausgelassen jubelt. Sondern verhalten. So eben, wie ein Fussballer heute einen Treffer gegen den Clubs seines Herzens feiert. Denn in Levin Winklers Leben hat der FC Basel stets eine Rolle gespielt. Doch nun trägt er das Trikot des FC Luzern, während einige seiner Freunde in der Muttenzerkurve mit Rotblau mitfiebern.

Vielleicht würde Winkler heute auch dort stehen, hätte er sich für den Familiensport entschieden. Denn für die Winklers aus Pratteln ist Handball Trumpf. Grossvater Jörg «Jules» Winkler ist quasi eine Legende des TV Pratteln NS. Der frühere Handballer formt als Trainer «NS» zu einem guten NLB-Club. Doch Levin zieht es früh zum Fussball. Weil Levins Vater Yves «der Erste in der Familie gewesen ist, der sich gegen den Handball entschieden hat», erzählt der Profifussballer.

Levin Winkler vom FC Luzern und Leo Leroy vom FC Basel im Zweikampf während des Super-League-Spiels am 06.02.2025 im Sankt Jakob Park, Basel.

Yves Winkler, heute beim FC Concordia als Funktionär tätig, ist zu dieser Zeit als Amateurfussballer in der Region Basel unterwegs – und mit dabei der Filius. «Ich war oft bei seiner Mannschaft, in der Garderobe und am Spielfeldrand», erinnert sich Levin Winkler. Die Faszination für den Fussball ist früh gross, also tritt er dem FC Pratteln bei, ehe er nach vier Jahren zum FC Concordia weiterzieht.

Im Sommer 2019 schliesslich erfolgt der Schritt in die U17 des FC Basel. «Da realisierte ich, dass ich nun in einem Leistungszentrum angekommen bin und Gas geben muss», sagt Winkler. Allerdings ist sein Fokus nicht nur auf den Fussball gerichtet. Auch die Schule ist ihm wichtig. Weil er zum Zeitpunkt des Übertritts ins Gymnasium «nur» bei Concordia spielt, hat er nicht die Möglichkeit, in eine Sportklasse überzutreten und von deren Vorzügen zu profitieren.

Das Entgegenkommen der Schule

Als FCB-Junior schliesslich hätte er diesen Schritt machen können, «doch ich wollte nach einem Jahr Gymnasium nicht wieder meinen Alltag umkrempeln». Also geht Winkler den nicht ganz einfachen Weg als Leistungssportler in einer Regelklasse. Nicht nur die Unterstützung der Eltern ist ihm gewiss, sondern auch diejenige der Schule. Am Gymnasium Muttenz wird er für die Morgentrainings freigestellt, den verpassten Unterrichtsstoff holt er in Eigenregie nach.

Levin Winkler vom FC Luzern im weissen Trikot im Spiel gegen FC Basel, Fussball Super League am 06.02.2025 in Basel.

Dieses Zusammenspiel funktioniert, «auch weil ich nie vonseiten meiner Familie Druck verspürte, im Fussball durchstarten zu müssen». Winkler geht seinen Weg im Sport wie in der Bildung. In der Basler U21 kommt er anfangs zwar nur gelegentlich zum Zug. Auch weil immer wieder Akteure aus der ersten Mannschaft in der Promotion League Spielpraxis sammeln kommen. So bleibt dem Baselbieter Mittelfeldspieler oftmals nur die Rolle des Reservisten.

Doch Winklers Standing bei Rotblau ändert sich, als Michel Renggli die Basler Junioren trainiert. Das ist drei Jahre her. «Mit seinen Ideen und seinem Spielstil konnte ich mich identifizieren», sagt Winkler. Er, der sich auf der Position des Achters im Mittelfeld am wohlsten fühlt, erhält zwar noch immer nicht seine gewünschten Minuten, «doch mein Profil mit dem Drang nach vorne und der hohen Laufbereitschaft passt zu seiner Philosophie».

Die Matur auf Englisch

Im Sommer 2022 ist Renggli aber bereits wieder nicht mehr Trainer der ältesten FCB-Junioren. Gleichzeitig besteht Winkler in Muttenz seine Matur – Immersion Englisch, das heisst, in gewissen Fächern legt er die Prüfungen in der Fremdsprache ab. Der Fussball spielt auch bei der Abschlussarbeit eine Rolle. Winklers Thema: «Big Data» im Fussball – eine Analyse mit Einblick hinter die Kulissen beim Nachwuchs des FC Basel.

Diesem kehrt Winkler allerdings im Sommer 2023 den Rücken. Er geht zu Renggli, der inzwischen und bis heute die U21 des FC Luzern trainiert. Winkler entscheidet sich für den Weg weg aus der Komfortzone, weg von der Heimat. So wie schon Justin Hammel, Albin Krasniqi, Uran Bislimi oder Mihailo Stevanovic den FCB-Nachwuchs verlassen haben, um ihr Glück anderswo zu suchen.

Es ist auch bereits die Zeit, in der es Junioren aus der Region besonders schwer haben, beim FCB den Schritt zu den Profis zu schaffen. Denn der Club sucht und verpflichtet überdurchschnittlich viele Talente aus dem Ausland, platziert diese entweder im Nachwuchs oder lässt diese dort zu Einsatzzeit kommen, wenn sie diese bei den Profis noch nicht erhalten.

Winkler sagt dazu nur: «Ich wollte eine Luftveränderung, etwas Neues.» Bereut hat er es bis heute nicht.

Anstatt irgendwann bei einem ambitionierten regionalen Promotion-League- oder Erstliga-Club zu landen, geht es für Winkler am Fusse des Pilatus steil nach oben. Nach einer halben Saison in der U21 Luzerns darf er Anfang 2024 mit der ersten Mannschaft ins Trainingslager nach Marbella. Winklers Arbeitsethos und Demut bleiben auch bei Trainer Mario Frick nicht unbemerkt. Im Januar letzten Jahres feiert Winkler sein Super-League-Debüt, inzwischen hat er 34 Einsätze in der höchsten Schweizer Liga vorzuweisen. Was ihn besonders auszeichnet: seine Mannschaftsdienlichkeit.

Das Signal des Trainers

In 14 der 15 letzten Luzern-Spiele stand Winkler in der Startformation. Der Prattler zählt zu jenen «jungen Wilden», auf die der Club aus der Zentralschweiz setzt und die Trainer Frick konsequent fördert. Winkler sagt: «Das ist für uns ein tolles Signal. Ich bin extrem dankbar dafür, dass ich nun in der Super League spielen darf.»

Aber nicht nur dem Baselbieter, der seinen Wohnsitz inzwischen nach Luzern verlegt hat, läuft es mit seinen drei Toren und drei Assists und viel Einsatzzeit nach Wunsch. Auch seine Mannschaft spielt «eine der besten Saisons seit langem». Aktuell ist Luzern Dritter, mit zwei Punkten Rückstand auf den Leader aus Basel.

Nun kommt es am Sonntag zum nächsten Kräftemessen mit Rotblau. Vor seinem fünften Duell mit Basel sagt Winkler: «Klar ist es für mich speziell, gegen den FCB anzutreten. Aber mein Fokus liegt klar auf dem FC Luzern.» Es sei schlicht super, in dieser Mannschaft zu spielen, «und dann schauen wir, was am Ende rauskommt».

Deshalb beschäftigt Levin Winkler zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht der Gedanke, ob der FCB in seiner Karriere wieder mal zum Thema werden könnte. In Luzern hat er im letzten Mai seinen ersten Profivertrag unterschrieben – bis im Sommer 2027. «Das habe ich mir immer gewünscht, aber nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.»

Nun ist Levin Winkler Profifussballer. «Es ist das Schönste, dass ich den Fussball zu meinem Beruf machen kann.» Er, der nie in einer U-Nationalmannschaft gespielt hat. Er, der in Basel die Mechanismen zu spüren bekommen hat, wenn alle in den Profibereich drängen, aber es nicht alle schaffen können. Und er, der nebenbei die Schule mit Bravour gemeistert hat.

Zweifelsohne: Der Weg von Levin Winkler in die Super League ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer.

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