Dominik Schmid und der Titeltraum: «Klar denke ich an das, was in dieser Saison passieren könnte»

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Dominik Schmid und der Titeltraum: «Klar denke ich an das, was in dieser Saison passieren könnte»

Der FC Basel ist Tabellenführer, die Euphorie immens. Im grossen Interview vor dem Cup-Achtelfinal gegen Sion erzählt der 26-jährige Dominik Schmid, wieso ihn diese Entwicklung nicht überrascht, wie sich seine Rolle verändert hat, seit er Vize-Captain ist, und wieso er im Cup eine Rechnung offen hat.

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Es läuft für Dominik Schmid, den Vize-Captain des FC Basel, persönlich wie auch für sein Team. Seit zwei Spieltagen ist der FCB Tabellenführer.

Bild: Imago/Philipp Kresnik

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Dominik Schmid, ich weiss nicht, wie gut Sie mit Daten sind. Aber der 28. Mai 2017 wird Ihnen bestimmt etwas sagen, oder?

Dominik Schmid: (Überlegt lange) Der 28. Mai 2017? Puh, mein Profi-Debüt gegen GC? Kann das sein?

Richtig. Wissen Sie auch, was drei Tage zuvor war?

Da ein Cup-Spiel ansteht, nehme ich an, irgendein Cup-Duell?

Voller Einsatz von Dominik Schmid beim Debüt im Mai 2017.

Voller Einsatz von Dominik Schmid beim Debüt im Mai 2017.

Bild: Freshfocus

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Auch richtig. Aber nicht irgendeines, sondern der Cup-Final, in welchem der FC Basel den bis zu diesem Zeitpunkt in Cup-Finals ungeschlagenen FC Sion mit 3:0 besiegen und damit das Double klar machen konnte.

Das war drei Tage vor meinem Debüt? Ich hatte nicht mehr auf dem Radar, dass das so kurz vorher war. Ich war an der Feier im «Papa Joe’s» ja auch mit dabei. Wahrscheinlich durfte ich dort noch nicht trinken! (Lacht) Ah, nein, ich habe einen Mitspieler heimgefahren, das weiss ich noch.

Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag und dieses Spiel?

Ich war nicht im Kader, bin aber gemeinsam mit Raoul Petretta mit der Mannschaft mitgegangen. Es war einer der schönsten Tage überhaupt, obwohl ich quasi null dazu beigetragen habe. Wobei, in der ersten Cup-Runde gegen Wettswil-Bonstetten habe ich gespielt. Aber die Rückfahrt im Car, die war genial. Wirklich. Und dann die Feier hier auf dem Barfi – überragend.

Im Kader stand er nicht, mitfeiern durfte Dominik Schmid beim Cup-Sieg über Sion trotzdem (hier ganz vorne mit Tomas Vaclik). –> <!–>

Im Kader stand er nicht, mitfeiern durfte Dominik Schmid beim Cup-Sieg über Sion trotzdem (hier ganz vorne mit Tomas Vaclik).

Bild: Freshfocus

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Duelle des FCB im Cup gegen Sion sind unweigerlich mit diesem historischen Sieg verbunden. Dachten Sie an diesen Tag, als der Gegner für das Spiel vom Mittwoch feststand?

Ehrlich gesagt nicht, nein. Und ich habe es auch nicht im Hinterkopf für dieses Duell am Mittwoch. Aber es war schon speziell damals, sie zu schlagen, die davor nie in einem Cup-Final verloren hatten.

Obschon Sie sich Cup-Sieger nennen dürfen, hat dieser Titel aufgrund der Mini-Beteiligung einen überschaubaren Stellenwert für Sie, oder?

Ja. Ich bin aber einfach froh, dass ich das damals miterleben durfte. Wenn man jede Minute spielt, bedeutet es einem aber immer mehr, klar. Darum ist diese Medaille, wie auch jene des Meistertitels 2017, nicht aufgehängt zu Hause. Jene vom Aufstieg mit GC hingegen schon. Dort habe ich ein Jahr durchgespielt und gelitten. Aber auch genau deshalb will ich in meiner Karriere auf jeden Fall noch einen Cup-Titel gewinnen, zu dem ich mehr beitragen kann. Und einen Meistertitel natürlich auch.

Seither sind Ihre Cup-Erlebnisse gelinde gesagt ernüchternd. Haben Sie etwas gut zu machen?

Gut, man muss schon auch sehen: Mit Wil sind wir gegen den FC Zürich ausgeschieden, mit GC als Challenge-Ligist gegen St.Gallen und nach dem Aufstieg dann gegen den FCB. Und mit dem FCB sind wir letzten Frühling leider gegen Lugano im Viertelfinal ausgeschieden, als auch ich einen Penalty verschossen habe. Daher habe ich sicher ein kleines Kribbeln in mir. Ich hatte noch nicht so viele realistische Chancen, etwas im Cup zu reissen, aber ich hoffe, ich bekomme noch ein paar.

Dominik Schmids Versuch war einer von zwei Basler Fehlschüssen im Cup-Viertelfinale gegen Lugano, in welchem die Tessiner schliesslich gewannen.

Dominik Schmids Versuch war einer von zwei Basler Fehlschüssen im Cup-Viertelfinale gegen Lugano, in welchem die Tessiner schliesslich gewannen.

Bild: Freshfocus

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Verbinden Sie sonst, vielleicht auch als Fan, spezielle Momente mit dem Cup?

Ja! Ich weiss nicht, in welchem Jahr das war, aber der Cup-Final Basel gegen Lausanne. Hier im Joggeli. Der FCB gewinnt 6:0. Shaq zieht nach innen, schiesst den Ball in die linke, untere Ecke. Tor. An das kann ich mich erinnern. Da war ich im Stadion – und noch jung! (Lacht)

Zwölf Jahre jung genau gesagt, das war 2010. Gibt es noch andere Erinnerungen?

Ja, ebenfalls an einen Cup-Final hier im Joggeli, als der FCB gegen Sion verloren hat. Da war ich auch im Stadion.

Der letzte Titel, den der FCB erringen konnte, war ebenfalls einer im Cup, 2019. Seither war es sportlich schwierig. Bis jetzt. Seit dem letzten Servette-Spiel grüsst der FCB von der Tabellenspitze. Hat das etwas im Alltag verändert?

Es macht Spass, die Stimmung ist super. Aber es hat nicht gross etwas geändert, nur weil wir Erster sind. Wir waren vorher schon nahe dran am ersten Platz. Jetzt ist es aber unser Ziel, das zu bestätigen. Und ich bin gespannt, wie wir damit umgehen.

Könnte diese für den FCB mittlerweile ungewohnte Tabellensituation gewisse Spieler nervös machen, den Druck erhöhen?

Ich glaube nicht. Nehmen wir die letzte Saison: Da waren wir ganz unten, da hast du als ein Klub, wie es der FCB ist, viel mehr Druck als jetzt, da wir ganz oben sind. Daher finde ich, dass es keinen Grund gibt, nervös zu sein. Im Gegenteil. Die Gegner kommen wieder mit einem anderen Gefühl ins Joggeli wie noch in der vergangenen Saison, und das wissen wir. Diesen Vorteil, diesen Heimvorteil, müssen wir ausnützen. Die Tabellensituation, mit den Fans im Rücken, das pusht einen.

Hat denn auch Ihr Team ein anderes Gefühl, wenn es ins Joggeli einläuft, verglichen mit letztem Jahr?

Natürlich. Es sind noch viele Spieler hier, die auch letzte Saison hier waren. Und die wissen noch, dass in der letzten Saison das Gefühl, hier einzulaufen, wirklich nicht das schönste war. Da schwirrten manchmal schon Gedanken rum wie: Was ist, wenn wir wieder verlieren?

Sie sagten nach dem Spiel gegen Servette, mit welchem der FCB die Tabellenspitze übernahm, dass Sie nicht überrascht sind, dass der FCB steht, wo er steht. Wieso?

Der ausschlaggebende Punkt ist für mich der neue Staff. Seit Carlos Menéndez und Co gekommen sind, weht ein ganz anderer Wind. Sie pushen bis zum Äussersten und kitzeln jedes Prozent raus. Sie lassen nicht locker, weisen immer wieder drauf hin, wie wichtig gewisse Dinge sind. Egal in welcher noch so kleinen Situation. Das merkt man einfach. Und es wurde klar gesagt: Der, der nicht mitziehen will, kann gehen. Niemand müsse das machen. Wir als Mannschaft haben das verstanden, und das sieht man, glaube ich, auch. Aus diesem Grund bin ich nicht überrascht. Klar, wir sind mit den zwei Niederlagen ganz schlecht in die Saison gestartet, aber ich wusste damals schon, dass es nicht so weitergehen würde. Sondern dass wir anfangen würden, zu gewinnen. Wir glauben an diesen Plan, den der Trainerstaff und die sportliche Leitung hat. Und wenn es mal läuft, sind wir auf den letzten 30 Metern schwer zu stoppen.

Athletiktrainer Carlos Menéndez arbeitete in seiner Karriere unter anderem neun Jahre bei Atlético Madrid unter Diego Simeone. –> <!–>

Athletiktrainer Carlos Menéndez arbeitete in seiner Karriere unter anderem neun Jahre bei Atlético Madrid unter Diego Simeone.

Bild: Freshfocus

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Können Sie ein Beispiel nennen, um zu illustrieren, wie dieser Staff arbeitet und wie er das anders tut als der Staff von letzter Saison?

Wenn der Staff beispielsweise beim Einwärmen merkt, dass die Performance nur bei 99 Prozent ist, dann wird sofort gestoppt. Dann wird Carlos laut und macht uns klar, dass das so fürs Wochenende nicht reicht und wir mehr machen müssen. Ich möchte nicht sagen, letztes Jahr sei alles anders gewesen. Es war vieles auch dem negativen Lauf geschuldet, dass eine gewisse Stimmung reinkam, einige Spieler vielleicht unzufrieden waren. In dieser Saison sieht man, dass jeder Spieler Spass hat und mitzieht.

Könnte man sagen, die Arbeit im Staff ist professioneller geworden?

Nein, so würde ich das nicht formulieren. Der Staff von letzter Saison hat auch professionell gearbeitet. Es ist einfach anders. Carlos kommt von Atlético Madrid, José Blesa kam von Al-Nassr, wo er mit Cristiano Ronaldo zusammengearbeitet hat. Sie schauen einfach auf andere Sachen, arbeiten noch detaillierter. Es ist ein anderes Level. Wenn man sieht, was Carlos alles weiss, was er alles schon gewonnen hat und mit wem er zusammengearbeitet hat, dann folgt man ihm einfach aufs Wort. Ich würde daher nicht professioneller sagen. Es ist wirklich vielmehr dieses Augenmerk auf Details, durch das man noch viel mehr rausholen kann. Das gibt uns extrem viel.

Ist man bei Menschen mit diesen Visitenkarten bereiter, die Extrameile zu gehen?

Ich vertraue Carlos einfach. Wenn ich beispielsweise im Training nicht mehr kann, er mich aber anschaut und sagt: «Doch, du kannst noch! Geh noch mal! Was ist mit dir?», dann gehe ich halt noch mal. (Lacht) Das zahlt sich bislang aus. Ich hoffe, dass es so weitergeht.

Während der Staff neu ist, ist der Cheftrainer mit Fabio Celestini noch derselbe. Sie kennen ihn bereits aus gemeinsamen Zeiten in Lausanne. Hat er sich, hat seine Arbeit sich verändert? Im Vergleich zur vergangenen Saison, aber auch zu früher?

Letztes Jahr hatte er einfach ein Ziel: uns zu retten. Jetzt habe ich das Gefühl, dass er bei Null anfangen konnte im Sommer. Er kann seine Spielidee ganz neu aufgleisen. So haben wir jetzt auch einen anderen Plan. Vergangene Saison mussten wir einfach die Punkte holen, egal wie. Wir mussten auch mal dreckig spielen, auswärts in Genf beispielsweise einen Punkt holen, damit es irgendwie reicht. Jetzt, da wir neu anfangen konnten, geht es darum, von hinten rauszuspielen, Ballbesitz zu haben, mutig zu sein, hoch und voll zu pressen. Mit diesen Ansätzen hätten wir letzte Saison als Tabellenletzter nicht spielen können. Das wäre, glaube ich, nicht aufgegangen. Jetzt aber konnte er uns all das vermitteln. Fussballerisch betrachtet musste er hier also gewisse Dinge vorerst weglassen, im Vergleich zu früher hat er vielleicht auch noch Sachen dazugelernt. Aber als Mensch ist er noch immer genau gleich.

Kennen sich alle aus gemeinsamen Zeiten bei Lausanne-Sport: Benjamin Kololli, Fabio Celestini und Dominik Schmid (von links nach rechts).

Kennen sich alle aus gemeinsamen Zeiten bei Lausanne-Sport: Benjamin Kololli, Fabio Celestini und Dominik Schmid (von links nach rechts).

Bild: Freshfocus

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Sie heben den Staff hervor. Unlängst sagten Sie aber auch, dass Xherdan Shaqiri in Ihren Augen den grössten Anteil am Aufschwung hat. Wie machen Sie das bei ihm fest, abgesehen von Skorerpunkten?

Der Staff macht herausragende Arbeit neben dem Platz, auf dem Feld aber können sie uns nicht helfen. Dafür haben wir diesen Sommer wirklich zwei, drei super Spieler geholt. Shaq, natürlich, ist eine ganz grosse, wenn nicht die grösste Figur diesbezüglich. Er hilft uns enorm weiter. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Training. Da sieht man einfach seine Qualitäten, die er sich über Jahre hinweg angeeignet hat, und man merkt, dass er bei grossen Klubs war und eine Weltkarriere gemacht hat. Dass das nicht gleich von Anfang an gegriffen hat, kann wohl jeder, der den Fussball begriffen hat, nachvollziehen.

Der Vize-Captain und das Herzstück des Teams: Dominik Schmid und Xherdan Shaqiri. –> <!–>

Der Vize-Captain und das Herzstück des Teams: Dominik Schmid und Xherdan Shaqiri.

Bild: Keystone

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Sie haben in einem Interview erklärt, wie in Ihrer Zeit in Wil die erfahrenen Spieler wie Philipp Muntwiler dafür gesorgt haben, dass jüngere Spieler ohne Druck aufspielen konnten und das Team dadurch aufgeblüht ist. Die Situation mit Shaqiri in Basel hat durchaus Parallelen, oder? Spieler wie ein Bénie Traoré, aber auch Sie, können nun Druck gewissermassen abgeben oder verteilen.

Es kommt ein bisschen auf die Person an. Klar, ich habe nun jemanden, der mir Druck wegnimmt. Aber ich habe diesen Druck gerne. Ich will den auch spüren. Aber wenn ich Namen nennen muss, denke ich an Anton Kade oder Traoré oder auch an die beiden Stürmer, die nun wissen, dass noch ein Spieler da ist, der, wenn es nicht läuft, den Unterschied machen kann. Wie vor eineinhalb Wochen gegen Servette. In dieser Hinsicht ist Shaq sicherlich ein absoluter Mehrwert.

Sie mögen Druck. Ist dieser gestiegen, seit Sie offiziell Vize-Captain sind?

Ich spüre eigentlich keine grosse Veränderung. Aber ich weiss, dass man vielleicht genauer auf mich schaut und mehr hinhört, wenn ich etwas sage. Aber als Mensch habe ich mich nicht verändert, als Fussballer auch nicht. Daher ist alles beim Alten. Ich habe einfach den Druck, zu performen, und den brauche ich auch. Das war bei mir immer schon so. Dass ich die Captain-Binde am Arm habe, macht mich sicher sehr stolz, aber der Druck hat dadurch für mich nicht zugenommen. Und sowieso: Wir hatten letztes Jahr sehr viel mehr Druck, als wir unten in der Tabelle waren. So nehme ich das jedenfalls wahr.

Haben Sie auch keine neuen Aufgaben oder nehmen Sie einen jungen Kollegen nicht eher mal zur Seite, mit diesem neuen Standing?

Diesbezüglich ist es auch gut, dass Shaq hier ist, er hat da auch eine grosse Rolle. Tauli (Xhaka, Anm. d. Red.) dürfen wir an dieser Stelle aber auch nicht vergessen. Ihn schätze ich extrem, und er ist sehr wichtig für unsere Kabine, auch wenn er aktuell nicht oft spielt. Tauli redet viel mit den Jungen, Shaq tut das auch, ich schon auch. Es ist ein bisschen verteilt auf alle Schultern. Auch Albian Ajeti bringt sich ein. Es ist eine gesunde Aufteilung, wie wir Erfahrenen – zu denen zähle ich mich jetzt mal – mit den Jungen umgehen.

Sie nennen es eine gesunde Aufteilung. Auch sonst sprechen Sie davon, dass das Team näher zusammengerückt ist. Wie drückt sich das aus?

Das ist schwierig zu erklären. Wenn es läuft, sind einfach alle glücklich. Dann fallen mehr Sprüche, man lacht zusammen, es gamen viele neben dem Platz miteinander. Wir machen auch regelmässig Teamevents, und dort ist noch nie jemand nicht aufgetaucht. Das ist aber sicher auch alles dem Tabellenplatz geschuldet. Sportchef Dani Stucki hat ebenfalls seinen Anteil daran. Er motiviert uns, Dinge zusammen zu unternehmen, bringt seine Ideen im richtigen Mass ein. Wir haben zu ihm einen guten Draht, und er macht das super. Und was man auch sagen muss: Die Spieler, die neu dazugekommen sind, sind alles tolle Typen. Alle sehr mannschaftsdienlich, sehr freundlich, keine Egoisten. Nehmen wir Romario Baró: Wenn er in die Kabine läuft, umarmt er als erstes jeden. Jeden! Erst dann setzt er sich hin und zieht sich um. Ich weiss nicht, wieso er das tut, aber es gibt einem einfach ein gutes Gefühl, wenn man ihn sieht. Und auf dem Platz ist er auch nicht der Schlechteste. (Schmunzelt)

Sie sprechen Stucki an. Wie präsent ist er im täglichen Schaffen?

Ich schätze die Arbeit von Dani enorm. Er findet eine super Mischung zwischen hier sein und nicht hier sein. Er ist einerseits sehr präsent, andererseits lässt er dich im richtigen Moment in Ruhe. Ich habe nie das Gefühl, dass er jeden Tag da ist und ich mich fragen muss, ob er nichts Besseres zu tun hat. Sondern er ist einfach immer zum richtigen Zeitpunkt vor Ort und bringt sich dann ein.

FCB-Sportchef Daniel Stucki.

FCB-Sportchef Daniel Stucki.

Bild: Freshfocus

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Als Sportchef hat Stucki Ihnen erstmals seit Ihrer Rückkehr zum FCB mit Moussa Cissé einen Konkurrenten ins Kader geholt. Übt das Druck auf Sie aus?

Nein. Schon bei GC hatte ich mit Ermir Lenjani und Toti Gomes zwei Spieler vor mir und habe mich am Ende durchgesetzt. Und als ich zum FCB zurückgekommen bin, war Riccardo Calafiori auch noch da. Konkurrenzkampf belebt das Geschäft, das ist ein Fakt, und damit habe ich kein Problem, im Gegenteil.

Sechzehn Runden sind bislang in der Liga gespielt. Können Sie eine persönliche Mini-Bilanz ziehen über Ihre bisherigen Leistungen?

Ich bin im Grossen und Ganzen zufrieden. Es könnte aber sicher besser sein. Ich habe mich ein bisschen geärgert – wobei geärgert vielleicht etwas zu zugespitzt ist –, dass ich in den zwei Spielen gegen Winterthur, in denen wir viele Tore geschossen haben, keine Skorerpunkte sammeln konnte. Das hätte ich mir gewünscht.

Sie setzen sich jeweils das Ziel von zehn Skorerpunkten, oder?

Genau. Ich stehe jetzt bei sechs. Daher sollte es möglich sein, die zehn zu erreichen. Diese Zahl treibt mich an, damit ich mich stetig verbessern will. Aber ich höre auch nicht auf, nur weil ich die zehn irgendwann erreicht habe. (Lacht)

Wann dachten Sie erstmals, dass mit dieser Mannschaft in dieser Saison vieles möglich ist? Gab es diese Gedanken schon, als Sie im Sommer ein Angebot von AEK Athen ausschlugen? Hatte das Einfluss?

Ich habe beim FCB sicher auch aufgrund dessen verlängert, weil ich gesehen habe, was hier entstehen könnte. Auf jeden Fall. Das war damals im Trainingslager im Sommer gewesen, als wir trainiert haben wie Gestörte. Ich habe da schon gemerkt, dass dieser Staff Ziele vor Augen hat und diese wirklich verfolgt. Davon wollte ich einfach ein Teil sein. In den Testspielen hat man es noch nicht gesehen. Ich zumindest habe da noch nicht viel davon gespürt. Ich hatte auf den Saisonstart gesetzt, der dann in die Hose ging. Aber spätestens nach dem 6:0-Auswärtssieg in Genf habe ich gemerkt, dass hier etwas entstehen könnte. Ich weiss nicht, ob dort schon einmal jemand so hoch gewonnen hat. Das ist für mich persönlich eines der schwierigsten Auswärtsspiele, das man haben kann. Dort dann 6:0 zu gewinnen, das gibt der Mannschaft einen Ruck. Und als Shaq dann noch kam, hat es alle noch einmal mehr gepusht.

Öffentlich wird der FCB seit dem zweiten Sieg gegen Servette als Meisterkandidat gehandelt. Wie sehr lassen Sie so etwas an sich ran?

Gar nicht, null. Ich weiss, wie schnell man in Euphorie verfällt. Aber auch, wie schnell es in die andere Richtung geht. Klar gehe ich mit Gedanken ins Bett, was passieren könnte und was wäre wenn. Aber das sind momentan nur Träume. Es ist sicher vieles möglich. Aber jeder Spieler wird Ihnen sagen: Wir möchten in Ruhe unser Ziel verfolgen, Spiel für Spiel nehmen. Und dann schauen wir, wo wir im Mai stehen.

Dominik Schmid im Duell mit Miroslav Stevanovic von Servette. Nach diesem Spiel stand der FCB erstmals seit drei Jahren an der Tabellenspitze. –> <!–>

Dominik Schmid im Duell mit Miroslav Stevanovic von Servette. Nach diesem Spiel stand der FCB erstmals seit drei Jahren an der Tabellenspitze.

Bild: Urs Lindt / freshfocus

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Es ist aber ein schwieriger Spagat, einerseits eine gewisse Euphorie anzunehmen, zumal sie in Basel so gross ist wie lange nicht, und sich von dieser auch tragen zu lassen, und andererseits Meister-Diskussionen auszublenden, oder nicht?

Wäre es der 30. Spieltag, wäre es etwas anderes. Aber nach dem 16. Spieltag vom Titel zu reden … Und dann sind wir auch nur einen und nicht sieben Punkte vor dem Tabellenzweiten. Da möchte ich auf die Euphorie-Bremse treten. Nach sechzehn Spieltagen hat noch niemand eine Meisterschaft gewonnen. Aber wenn wir die Euphorie, die Sie ansprechen, behalten und auch mitnehmen wollen, müssen wir einfach weiter gewinnen. Das ist unser Ziel.

Vor dem Servette-Spiel hatte der FCB Mühe, grosse Spiele zu gewinnen. In Bern hat man verloren, ebenfalls gegen Zürich und Luzern. Kann das ein Wendepunkt sein, gerade auch in Anbetracht dessen, dass die Leistung gegen Genf nicht die beste war?

Auf jeden Fall. Wenn man gegen Servette gewinnt und nicht sein bestes Spiel gezeigt hat, sagt das schon sehr viel aus. Zürich und Luzern hatten wir in einer Phase, in der wir uns neu eingewöhnen mussten, weil es zuvor einige Transfers gegeben hatte. Wenn die Maschinerie aber wieder läuft, habe ich das Gefühl, dass wir jeden besiegen können. Und wie Sie richtig sagen: Wenn man einen solchen direkten Konkurrenten schlägt, gibt das einen zusätzlichen Push. Dass mit Lausanne gleich danach das neben uns formstärkste Team ins Joggeli kam, war ein guter Test.

Beim FCB läuft es. Dem Team, Ihnen persönlich. Das Einzige, das fehlt, wäre ein weiteres Nati-Aufgebot gewesen, nachdem Sie im September verletzungsbedingt absagen mussten. Welche Gedanken hatten Sie, als klar wurde, dass Sie wieder nicht dabei sind?

Ich gebe jedem, der mich fragt, wieso ich nicht in der Nati dabei bin, dieselbe Antwort: Ich weiss es nicht, die Frage müsste Ihnen Murat Yakin beantworten. Es ist für mich natürlich schade, dass ich mich damals verletzt habe. Ich hatte mich sehr auf den Zusammenzug gefreut, gerade auch weil er in Basel war. Und natürlich hatte ich gehofft, dass ein weiteres Aufgebot kommt. Es waren nur zwei weitere Spiele zwischen diesen beiden Zusammenzügen. Es hat sich, glaube ich, nicht viel geändert in dieser Zeit. Aber ich warte auf meine Chance und gebe weiterhin Vollgas.

Eine Verletzung im Auswärtsspiel gegen Sion Ende August kostete Dominik Schmid die Chance, zur Nati einzurücken.

Eine Verletzung im Auswärtsspiel gegen Sion Ende August kostete Dominik Schmid die Chance, zur Nati einzurücken.

Bild: Pascal Muller/Freshfocus

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Hat es Sie nie gejuckt, Murat Yakin anzurufen, einfach um zu verstehen, wieso Sie im September dabei gewesen wären, danach aber nicht mehr?

Ich weiss nicht, ob ich mir dieses Recht nehmen kann, als Null-Einsätze-Nationalspieler einfach anzurufen und zu fragen, wieso ich nicht aufgeboten bin. So bin ich nicht. Wenn es reicht, reicht es. Und wenn nicht, dann weiss ich vielleicht, dass es noch nicht genug war, und das motiviert mich wiederum, noch bessere Leistungen zu zeigen, damit Murat Yakin irgendwann keine Wahl mehr hat. Als ich damals zu meiner GC-Zeit ein erstes Mal aufgeboten wurde, war es vielleicht noch zu früh. Da habe ich gemerkt: Das reicht noch nicht. Da bin ich sehr ehrlich. Es kam auch für mich selbst total unerwartet. Ob es verdient oder unverdient war? Darüber kann man streiten. Ich hatte damals einen einzigen Skorerpunkt. Letzte Saison hatte ich acht, jetzt stehe ich bereits bei sechs, und es reicht nicht. Aber wie gesagt: Wenn es so weit ist, ist es so weit. Dann freue ich mich wahnsinnig und werde sicher für diese Aufgabe bereit sein.

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