
Die Rechnung geht allmählich auf: Die Analyse zur ersten Saisonhälfte 2024/25 des FC Basel
Dieser Artikel wurde von BZ publiziert.
Die Rechnung geht allmählich auf: Die Analyse zur ersten Saisonhälfte 2024/25 des FC Basel
Mit dem 0:1 gegen GC endet das Fussballjahr des FC Basel und die erste Hälfte der Saison 2024/25. Seit dem Sommer wächst nach schwachem Start etwas zusammen beim FCB. Das Team hat Qualität und Moral – der Klub plötzlich Ruhe. Könnte es gar eine Entwicklung sein, die langfristig anhält?
Exklusiv für Abonnenten
Erstmals seit der Übernahme des FC Basel durch David Degen scheint der Klub wirtschaftlich, aber auch sportlich auf einem guten Weg.
Ein bisschen überrascht war dann doch, wer den FC Basel verfolgt. Denn kurz vor Saisonstart, da herrschte rund um den FCB primär etwas: Ruhe. Diese Ruhe, die man rund um den FC Basel nicht erst vermisst, seit David Degen Chef ist, sondern schon seit sieben Jahren. Eine Ruhe, die jedoch unabdingbar ist, wenn man erfolgreich arbeiten möchte. Gar etwas aufbauen will.
Und das wollte der FCB. Nach der Horrorsaison mit abgewendetem Abstieg und einem achten Rang in der Schlussabrechnung war allen Beteiligten klar: Das darf nur ein Ausrutscher sein. Es wurde ein neuer Staff zusammengestellt, an den richtigen Schrauben gedreht – aber eben nicht an zu vielen. War im Transfer-Sommer beim FC Basel früher gefühlt mehr Geläuf als am Flughafen Zürich in den Schulferien, so war man dieses Mal auf Konstanz bedacht. Konstanz – zuletzt ebenfalls ein Fremdwort beim FCB.
So war das feurige Trikotdesign lange der heisseste Diskussionsstoff im FCB-Kosmos. Doch diese vermeintliche Ruhe, sie hielt nicht lange. Nur so lange, bis die Saison begann und der FC Basel eben FC-Basel-Sachen machte: zwei Auftaktniederlagen. Spieler im Ausgang vor dem ersten Spiel. Eine Vertragsauflösung, die man dem Captain anbot. Ein CEO, der aufgrund von Recherchen verabschiedet wurde, während er in den Ferien weilte.
Da war es also wieder: das Theater, kaum hatte die Saison begonnen.
Doch was danach passierte, ist vergleichbar überraschend wie die Ruhe im Sommer. Der FC Basel berappelte sich, begann zu siegen. Er fegte Servette in deren Stadion mit 6:0 vom Feld. Er fand an der Transferfront Lösungen für jene Spieler, die überzählig waren – Jean-Kévin Augustin, Juan Gauto oder Djordje Jovanovic, um nur ein paar zu nennen. Und für jene, die andernorts Spielpraxis sammeln sollen. Er schaffte es gleichzeitig, die Qualität im Kader hoch und den Kern grössenteils zusammenzuhalten. Etwas, was in Basel ebenso zur unbekannten Komponente verkommen war wie die Ruhe.
Zwar ging mit Thierno Barry der Topskorer nach nur einer Saison bereits wieder, wurde jedoch mit Kevin Carlos durch den letztjährigen Torschützenkönig ersetzt, der erst noch weniger Eingewöhnungszeit benötigte. Und gar der doch etwas unrühmliche Abgang von Rekordspieler Fabian Frei schlug weniger hohe Wellen als erwartet.
Weil zu diesem Zeitpunkt die Basler Seelen von Glück erfüllt waren. Ein Glück, das auf einer weiteren Überraschung fusst: der Rückkehr Xherdan Shaqiris. Dieses Fussballers, der nicht nur in Basel, aber vor allem in seiner Heimat elektrisiert wie kaum jemand. Dass in seinem Schatten das Kader weiter justiert und qualitativ durch die Neuzugänge von Romario Barò und Joe Mendes verstärkt wurde, trug zu der guten Hinrunde bei.
Xherdan Shaqiris Rückkehr brachte lange vermisste Leichtigkeit und Euphorie nach Basel zurück.
Diese Qualitäts-Zuzüge – die jedoch neuerlich spät verpflichtet wurden – waren erst durch einen surreal anmutenden Transfererlös von 50 Millionen im Sommer zu stemmen. Diese Millionen zeigen: Die Rechnung scheint beim FC Basel langsam aufzugehen. Primär finanziell, wo aufgrund dieser Einnahmen endlich auch wieder Substanz für das Kader eingekauft werden konnte, welches zwingend Verstärkung benötigte.
Genau das sind die Baròs, Mendes und Shaqiris. Letzterer stellt eine Ausnahme in der Degen’schen Transferpolitik dar. Eine aber, bei welcher die Rechnung ebenfalls aufzugehen scheint. Stolzes Salär Shaqiris hin, anfängliche Fitness-Frage her. Denn Shaqiri füllt nicht nur die Kassen durch Trikotverkäufe und Tickets, er hat diesem Team, dem Klub und der Region Leichtigkeit und Euphorie eingehaucht, die träumen lassen.
Denn nach kurzer Eingewöhnungszeit aller Neuen beim FC Basel und umgekehrt – Systemtüfteleien des Cheftrainers inklusive – läuft die Maschinerie. Diesen Eindruck trübt auch die Niederlage gegen GC zum Schluss nicht. Zwölf Punkte mehr wie zum gleichen Zeitpunkt im letzten Jahr, beste Offensive, beste Defensive, kurzzeitig Leader in dieser engen Super League. Notabene das erste Mal seit drei Jahren. Hand aufs Herz: Wer hatte das erwartet? Nach dem vergangenen Jahr? Nach diesem Saisonstart? Eben.
Es ist eine Überraschung sondergleichen. Eine aber auch, die durch kluge Entscheide eine gewisse Logik in sich birgt. Diese Entscheide gründen wohl in einer Einsicht der Führungsriege. Aber auch darin, dass eine weitere Rechnung aufgegangen ist: Mit Daniel Stucki wurde im Sommer ein Mann zum Sportchef befördert, der auf diesem Gebiet keine Erfahrung aufweisen konnte. Doch Stuckis Art scheint genau das, was der Führung, aber auch dem Team gefehlt hat. Er strahlt Ruhe aus – gegen innen und aussen. Ja, das Experiment hätte auch scheitern können. Stattdessen ist Stucki der erste Rookie auf einer Schlüsselposition, der seit der Zäsur 2017 zu funktionieren scheint.
Sportchef Daniel Stucki (ganz links) ist einer der wichtigen Faktoren für den Aufwärtstrend des FC Basel. Auch Keeper Marwin Hitz trägt auf dem Feld mit seinen guten Leistungen seinen Teil dazu bei.
Doch beim FC Basel scheint etwas zu entstehen. So überraschend diese erstaunliche Entwicklung in einer Phase ist, in welcher man eher mit einer Übergangssaison gerechnet hatte, so fragil ist das Gebilde noch immer. Diese Mannschaft kann zwar plötzlich auf eine Qualität, Moral und Eingeschworenheit zurückgreifen wie lange nicht. Doch was ist, wenn sich der Dreh- und Angelpunkt des Basler Spiels, der Xherdan Shaqiri nun einmal ist, plötzlich verletzt? Oder wenn Spieler, die weniger berücksichtigt werden, aufmucken? Oder ein Leistungsträger doch dem Ruf aus dem Ausland erliegt?
All das ist so wenig antizipierbar, wie es die Über-Performance der Basler in dieser ersten Saisonhälfte war. Zwar ist in der Super League alles so eng zusammen, dass selbst nach diesem Herbst die Abstiegsrunde nur vier Punkte entfernt ist. Doch der FC Basel, wie er sich im Dezember 2024 präsentiert, könnte am ganz grossen Coup schnuppern. Und nein, nach dieser Entwicklung würde das gar nicht mehr so sehr überraschen.