Mit grimmiger Entschlossenheit und heiligem Eifer erfüllt Xherdan Shaqiri seine Mission

Dieser Artikel wurde von BZ publiziert.

Mit grimmiger Entschlossenheit und heiligem Eifer erfüllt Xherdan Shaqiri seine Mission

Die Rückkehr von Xherdan Shaqiri elektrisiert Fussball-Basel wie lange nicht mehr. Der Ausnahmespieler erfüllt nicht nur sein Titelversprechen, sondern verzaubert mit seinen Toren und Vorlagen die ganze Schweiz.

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Den Mund voll genommen und vollumfänglich geliefert: Xherdan Shaqiri führt den FC Basel mit grimmiger Entschlossenheit und heiligem Eifer zum 21. Meistertitel.

Bild: Imago/Philipp Kresnik

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Es beginnt als geheime Kommandoaktion. Wochenlang hatte man ein bisschen rumspekuliert, ob eine Rückkehr im Bereich des Vorstellbaren liegen könnte. Im Trainingslager in Seefeld beantwortet FCB-Sportdirektor Daniel Stucki Anfang Juli die Frage nach Xherdan Shaqiri noch freundlich ausweichend bis blumig.

Ein paar Tage später, am 15. Juli, erhält das Gerücht neue Nahrung. Shaqiri verkündet nach 125 Länderspielen seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft, nach 14 Jahren mit sieben WM- und EM-Turnieren sowie 66 Skorerpunkten.

Im Verborgenen, das wird später klar, wird beim FC Basel längst intensiv an der Rückkehr Shaqiris gearbeitet. Und der in Wiederverkaufskategorien denkende Präsident David Degen überzeugt. Als am 14. August der Vertrag von Shaqiri mit dem Chicago Fire FC in der MLS nach zweieinhalb Jahren vorzeitig aufgelöst wird, geht es ganz schnell. Es werden noch ein paar Nebelkerzen (Panathinaikos) gezündet, und selbst beste Freunde muss Shaqiri anschwindeln, als er mit seinem Koffer bereits durch den Security Check des O’ Hare International Airport in Chicago marschiert. Seine grosse Sorge ist: Der Coup könnte beim FC Basel vorzeitig herauströpfeln. Das passiert nicht, und Shaqiri freut sich diebisch darüber.

So geheim ist die Kommandosache, dass man nach der Landung Shaqiris in der Schweiz keine Zeit verlieren will bis zur Unterschrift. So als ob man beim FCB befürchtet, Shaqiri könnte auf der A3 kurz vor Basel noch abhandenkommen. In einem eigens angemieteten Raum im Flughafen Kloten trocknet noch die Tinte auf dem Dreijahresvertrag, als am 16. August um 14.14 Uhr verkündet wird: Shaq is back.

Die Fans sind ganz aus dem Häuschen und so geht es weiter

Aus der Kulisse tritt lässig Xherdan Shaqiri mit seiner Grussbotschaft. «Hey FCB-Fans, ich komme heim und freue mich enorm, euch wieder im Joggeli zu sehen.» Die Freude ist gegenseitig. Auf Instagram und X sind 3,7 Millionen Follower Shaqiris verzückt und daheim in Basel die FCB-Fans ganz aus dem Häuschen.

Und so geht es weiter. Begrüssung auf dem Geschäftsstellen-Balkon vor einigen tausend Beseelten, denen es ganz warm ums Herz wird, als der verlorene Sohn auch noch den Kübel auf dem Barfi ankündigt. Am 25. August pilgern über 30’000 Menschen ins Joggeli zum ersten Spiel (2:0 gegen Yverdon) und bejubeln in der 66. Minute frenetisch seine Einwechslung. Er ist es wirklich.

Xherdan Shaqiri liefert: Der FCB-Captain, umringt von seinem Team, am 24. Mai 2025 mit dem Meisterkübel.

Xherdan Shaqiri liefert: Der FCB-Captain, umringt von seinem Team, am 24. Mai 2025 mit dem Meisterkübel.

Bild: Martin Meienberger/Freshfocus

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Sein erster Startelfeinsatz vor ausverkauftem Haus im Klassiker gegen den FC Zürich endet in leiser Enttäuschung über eine 0:2-Heimniederlage. Entgegen landläufiger Wahrnehmung hatte Shaqiri in Chicago eine weitgehend verletzungsfreie Zeit hinter sich. Mit Extraschichten auf dem Velo den Gempen hoch trainiert er sich Sommerspeck von den Hüften.

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Am 6. Oktober, vier Tage vor seinem 33. Geburtstag, kommt zum ersten Mal der linke Zauberfuss zur Aufführung. Adrian Barisic wuchtet mit dem Kopf eine präzise Shaqiri-Freistosshereingabe aus dem Halbfeld ins Netz. 1:0-Heimsieg gegen die Young Boys, den amtierenden Meister. Der FCB rückt damit auf Platz 6 vor, in die obere Hälfte der Meisterschaft also, was das erklärte Saisonziel der Klubleitung ist.

Die Captainbinde als sichtbares Zeichen: Shaqiri ist der Chef

Die Shaqiri-Show geht am 26. Oktober so richtig los. Auf der Winterthurer Schützenwiese steuert er zum 6:1-Kantersieg zwei Tore und drei Assists bei. Unter den staunenden Augen der Fussball-Schweiz schraubt er nun Freistösse in die Winkel, zirkelt Eckbälle direkt ins Tor und es wird immer deutlicher: Shaqiri funktioniert. Die anfängliche Skepsis ist verflogen. Und in Chicago und anderswo beginnt man sich ein bisschen zu wundern über die Performance, die Shaqiri daheim in der Schweiz hinlegt. Für ein Fünftel der Acht-Millionen-Gage, die er in den USA eingestrichen hat. An Weihnachten steht er bereits bei sieben Toren und neun Vorlagen in Liga und Cup.

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Ein sichtbares Zeichen, dass Shaqiri der Anführer dieser Mannschaft ist, ist im Januar die Übergabe der Captainbinde. Der Chef ist er längst. Zum ersten Mal in seiner schillernden Karriere übt er uneingeschränkt die Leaderrolle aus. Und kein Granit Xhaka wie im Nationalteam macht ihm die Position streitig. Shaqiri geht voran. In jedem Spiel, bei jeder Diskussion mit den Schiedsrichtern und mit jeder Zurechtweisung für einen Mitspieler wird offenbar: Da ist jemand auf Mission unterwegs, mit grimmiger Entschlossenheit und heiligem Eifer.

Seine Spitzbübigkeit verliert er dabei nicht. Er ist ein höflicher Mensch geblieben, kann genauso frech wie ernsthaft sein. «Harte Arbeit» dürfte in den zurückliegenden neun Monaten zu den am häufigsten zitierten Shaqiri-Worten gehören. Dabei wirkt er so authentisch und bodenständig wie in seinen jungen Jahren, als die Schweiz den Migrantensohn ins Herz schloss. Kein Autogramm und kein Selfie mit den Fans ist ihm zu viel. In einem Interview mit Blue hat er sich unlängst so beschrieben: «Auf dem Platz bin ich mit meinen Emotionen eher der leidenschaftliche Albaner, aber sonst lebe ich zu hundert Prozent wie ein Schweizer.»

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Bilder für die Ewigkeit. Allen voran Taulant Xhaka und Xherdan Shaqiri mit dem Blick auf den Pott.

Bild: Michael Buholzer / KEYSTONE

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Mit dem 2:0 in Winterthur am 30. März kommt die Mannschaft in einen Flow. Unaufhaltsam und angetrieben von Shaqiri reiht sie acht Siege aneinander, bis ihr der Meistertitel nicht mehr zu nehmen ist. Shaqiri setzt mit einem Hattrick in Unterzahl beim 5:2 in Lugano noch einen obendrauf und beendet die Saison mit 18 Toren bei 40 Skorerpunkten. Es ist seine persönlich ertragreichste Saison, in der Super-League-Geschichte nur übertroffen von Stéphane Chapuisat.

Für Shaqiri schliesst sich ein Kreis

Er hat auf seiner Mission nicht nur geliefert, sondern gleichzeitig auch noch die Fans verzaubert. Und ganz nebenbei nicht nur das Lohngefüge des auf Sanierungskurs befindlichen FC Basel strapaziert, sondern dem Verein mit 30’000 verkauften Trikots, darunter rund 7000 mit seinem Namen auf dem Rücken, sowie Eintrittbilletten auch die Kasse gefüllt. Der FCB geht mit einem Plus von 4150 beim Zuschauerschnitt (26’140) aus der ersten Saison nach der Shaqiri-Heimkehr.

Und so schliesst sich ein Kreis für Shaqiri. Sein Vater Isen war 1978 aufgrund der wirtschaftlichen Situation aus dem Kosovo in die Schweiz gekommen und lebte in Füllinsdorf. Anfang der Neunzigerjahre kam die Familie nach, erst nach Augst, wo Xherdan Shaqiri mit seinen drei Geschwistern zunächst unter einfachen Verhältnissen auf einem Bauernhof aufwuchs, später in Kaiseraugst.

Beim FC Basel hat er alle Juniorenstufen durchgemacht, ging bei Kult-Nachwuchstrainer Werner Mogg durch die berühmte, strenge U16-Schule und verkaufte Matchprogramme bei den Heimspielen im Joggeli. «Wenn man es dann schafft, in dieses Stadion als Spieler einlaufen zu dürfen», sagt Shaqiri über seine frühen Jahre, «dann geht als junger Bursche der Region ein riesiger Traum in Erfüllung.

Vom Herrenausstatter zum Gast beim Staatsbankett

Er machte eine Lehre bei einem Herrenausstatter und wurde im Juli 2009 mit 17 Jahren und 9 Monaten quasi über Nacht vom Hemdenverkäufer zum Europacupspieler beim FC Basel unter Trainer Thorsten Fink. Im März 2010 debütierte er in der Nationalmannschaft unter Ottmar Hitzfeld. Bald trug der kleine Bursche (1,69 Meter) mit den mächtigen Waden und dem begnadeten linken Fuss Etiketten wie «Zauberzwerg» oder «Kraftwürfel».

Höflicher Diener für die kosovarische Staatspräsidentin Vjosa Osmani Sadriu: Xherdan Shaqiri beim Bankett in Bern am 21. Mai. In der Mitte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. –> <!–>

Höflicher Diener für die kosovarische Staatspräsidentin Vjosa Osmani Sadriu: Xherdan Shaqiri beim Bankett in Bern am 21. Mai. In der Mitte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.

Bild: Peter Schneider/Keystone

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15 Jahre später trägt er Smoking, als er zum Staatsbankett von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter für ihre kosovarische Amtskollegin Vjosa Osmani Sadriu eingeladen ist. Er hat sich diesen Abstecher nach Bern inmitten der Basler Meisterfeierlichkeiten nicht nehmen lassen und man sieht ihm an, wie stolz er ist. Viel mehr gibt Xherdan Shaqiri nebst dem Fussballplatz nicht preis. «Privates bleibt bei mir privat», postuliert er. Auch im Trubel der Titelparty, als die Frauen und Familien seiner Mitspieler auf dem Rasen des Joggelis mit dem Meisterkübel posieren, bleibt Shaqiri solo.

Sein Bruder Erdin betreibt eine Berateragentur, die unter anderen Breel Embolo vertreten hat, und hat natürlich gewichtigen Anteil daran gehabt, als der Deal mit dem FCB eingefädelt wurde. Seit Januar ist Xherdan Shaqiri Minderheitsaktionär beim FC Rapperswil-Jona, der gerade den Aufstieg in die Challenge League geschafft hat. «Mit dem Einstieg beim FCRJ», sagt Shaqiri, «will ich meinen Weg nach der Karriere vorbereiten.» Und die Millionen-Villa in einem Rheinfelder Nobelquartier wird vermutlich nach langem Weg durch Verwaltungs- und Rechtsinstanzen irgendwann auch noch zu stehen kommen.

Heiko Vogel: «Der Talentierteste, sogar noch vor Salah»

Längst ist Shaqiri ein Weltenbürger des Fussballs. Hat schon als 19-Jähriger das erste Double mit dem FC Basel gewonnen, dann bei Bayern München und dem FC Liverpool alles, was man gewinnen kann. Heiko Vogel, sein Trainer beim FCB bis zu seinem ersten grossen Transfer in die Bundesliga, sagt über ihn schwärmerisch: «Ob mit seinem linken oder mit seinem rechten Fuss – er ist das Talentierteste, was ich je trainiert habe. Sogar noch vor Mohamed Salah.»

«Ich habe die Chance für mich und den FC Basel gesehen, wieder erfolgreich zu sein», sagt Shaqiri. Der erste Schritt ist gemacht, der zweite könnte mit dem für ihn dritten FCB-Double nach 2010 und 2012 im Cupfinal vom 1. Juni folgen. Und dann ist da ein weiterer «grosser Traum», den Shaqiri Wirklichkeit werden lassen und den er überhaupt nicht geheim halten will: «Mit dem FC Basel in diesem wunderschönen Stadion wieder in der Champions League gegen grosse Klubs antreten.»

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