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Der Barfi brennt

Der FCB feiert, und die Stadt ist voller Energie, als wäre Morgestraich

Fans des FC Basel feiern die Meisterschaft auf dem Barfüsserplatz mit Fahnen und bengalischen Feuern, rote Lichter dominieren die Szene.
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In Kürze:

  • Die Feier lockt rund 25’000 Fans zum Barfüsserplatz für die offizielle Pokalübergabe.
  • Am Kohlenberg suchen Zuschauer kreative Möglichkeiten für bessere Sicht zum Balkon.
  • Ein gewaltiger Fanmarsch in Rotblau zieht durch die Strassen Basels.
  • Die multikulturelle Feier spiegelt die Vielfalt der Meistermannschaft perfekt wider.

Das Gedränge am Kohlenberg wird von Minute zu Minute heftiger. Schon gut eine Stunde bevor die Spieler des FCB – gemäss dem vorher verschickten, ungefähren Ablauf – auf dem Balkon den Meisterkübel der Menge präsentieren, füllen sich der Barfi und seine Zufahrten. Der Standort am Kohlenberg hat dabei einen grossen Vorteil: Man muss sich nicht unten ins Gedränge wagen, dort, wo die Kurve (selbstverständlich) regiert, und hat trotzdem Sicht auf den Balkon.

Ein Fernglas wäre hilfreich. Eine Lörracherin beklagt ihre geringe Körpergrösse und weist ihre Kinder an, eine Mauer zu bilden. Also niemanden mehr, der drängelt, durchzulassen. Drei junge Typen balancieren auf dem Geländer neben den abgestellten Velos und halten sich an der wackligen Verkehrstafel fest.

Menschenmenge in einer belebten Stadtstrasse bei Nacht, umgeben von traditionellen und modernen Gebäuden, unter rotem Lichtschein.

Die Kühneren sind derweil auf das Gerüst rund um das Haus Kohlenberg 11 geklettert, haben zweifellos eine bessere Sicht als die Bodenhaftigen und die Geländerbalancierer, aber machen sich vermutlich auch strafbar. Später werden sie dort oben Pyros zünden. Vermutlich auch nicht legal.

Die spontane Meister-Feier am Abend des 11. Mai war schon ein Volksfest. Aber diese offizielle Feier inklusive dem «Kübel» – also dem Meisterpokal – ist noch einmal eine Nummer grösser. Es ist schwer zu schätzen, wie viele Menschen sich zu fast schon mitternächtlicher Stunde hier versammelt haben, aber die Schätzung von rund 25’000 dürfte in etwa hinkommen.

Basel und sein FCB

Rückblende. Ungefähr eine Stunde vorher. Auf dem Weg in die Stadt hörte man selbst unten in der Breite die Petarden knallen. Und man spürte die Energie. Ein klein bisschen erinnerte das an den Morgestraich. Alle (die mit dem Fussball und dem FCB verbunden sind) zog es in die Stadt. Und je näher man dem Epizentrum kam, desto stärker wirkte die Anziehungskraft. Nur ist es am Morgestraich andächtig ruhig, bis es vier Uhr schlägt. In der Nacht der Meister-Feier dagegen wurde gesungen, was die Kehlen hergaben: «In dr Tabelle sin no Plätzli frei …»

Der Fanmarsch war gewaltig und lang und vor allem Rot und Blau. Und dass die Aeschenvorstadt wegen Bauarbeiten an den Gleisen dicht war: nun ja. Liess sich lösen. Immerhin hatten sich die Verantwortlichen die Mühe gemacht, den Umweg zu signalisieren. Der Weg zum Barfi war deutlich ausgeschildert.

Menschen schwenken rote und blaue Fahnen auf einer belebten Strasse vor Restaurants.

In der Steinen hingen FCB-Fahnen von einem Balkon, und andere zogen ihre Fahnen schwenkend voller Vorfreude vorbei. Nein, kein Trachtenfest. Meister-Feier!

Wenig freie Plätze am Kohlenberg

Zurück zum Geschehen. Auch hier am Kohlenberg hat es noch freie Plätze – nur weiter hinten, dort, wo man fast nichts von dem mitkriegt, was auf dem Balkon passiert. Gut, die Beine werden langsam schwer, bis endlich – musikalische Begleitung: «The Final Countdown» – die Spieler auf den zwei offenen Lastwagen eintreffen. Und dann vergehen nochmals ein paar Minuten, bis Shaqiri und Co. sich auf dem Balkon zeigen. Der Pokal, goldglänzend, ist auch aus der Ferne vom Standpunkt am Kohlenberg auszumachen.

Der Barfi brennt. Pyros, Feuerwerk, Gesänge. Der 21. Meistertitel und ein gigantisches Fest.

Spieler des FC Basel, Dominik Schmid, Albian Ajeti und Taulant Xhaka feiern auf dem Balkon am Barfüsserplatz, Basel, umgeben von jubelnden Fans. (24.05.2025; Meister-Feier der Super League)

Via Leonhardskirchplatz – wo der Bereitschaftszug der Basler Polizei in Vollmontur darauf hofft, nicht eingreifen zu müssen – hinunter zur Brötlibar und dann auf den eigentlichen Platz, der überraschenderweise recht leer ist. Das Gedränge fängt erst dort an, wo sich der Blick auf den Balkon öffnet. Wenige Meter neben der legendären Telefonkabine kümmert sich die Sanität um einen Mann, der am Boden liegt. Überall Scherben. Und auf dem Balkon präsentiert sich jetzt gerade Taulant Xhaka – und es folgt der Trainer: Fabio Celestini.

Auf dem Heimweg diese Gedanken:

Es braucht nicht Schneefall im November, bis in Basel kaum mehr ein Tram fährt. Es reichen auch Baustellen der BVB und Siege des FCB.

Das bunte Völkergemisch der Meistermannschaft des FCB im Jahr 2025 spiegelt sich bei den Fans und Feiernden wider. Das war zu Karli Odermatts Zeiten noch anders. Aber mittlerweile leben auch Menschen aus 166 Nationen in unserer Stadt.

Die latente Gewaltbereitschaft einiger (junger) Fans ist leider auch während eines tollen Fests unübersehbar. Selbst am Kohlenberg kämpft sich einer mit Sturmmaske rücksichtlos und rüde durch die Masse.

Basel kann feiern! Aber es ist auffällig, dass Basel gerne feiert, wenn es dunkel ist: Morgestraich, Ändstraich, Silvester, 1. August, FCB-Meister-Feier. Erklärbar? Vielleicht. Aber nicht jetzt und nicht hier.

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Darf man Ihnen schon zum Meistertitel gratulieren?Nein. Noch sind wir weit vom Titel entfernt. Unbestritten ist, dass wir einen guten Abschluss der Qualifikationsphase zeigten. Wir wussten auch stets um unser Potenzial, das wir nun absolut abgerufen haben. Und natürlich ist die Ausgangslage sehr gut.Aber?Wir haben nun erst den Cup-Halbfinal gegen Lausanne und dann – am Anfang der Meisterrunde – ein grosses Spiel gegen Servette. Mit einem Sieg stellen wir da die Weichen. Aber im Fussball braucht es manchmal wenig, damit es in die andere Richtung geht. Was ist, wenn wir gegen Servette früh eine Rote Karte erhalten? Was ist, wenn sich ein Schlüsselspieler verletzt? Was ist, wenn wir danach nur noch drei Punkte Vorsprung, aber eine englische Woche mit drei Auswärtsspielen in Lugano, Lausanne und Bern inklusive der Reisen vor uns haben?Sie meinen: Ein einzelnes unglückliches Ereignis kann zu einem negativen Resultat führen und die Dynamik unterbrechen?Das ist im Fussball schon vorgekommen. Ich habe zwar durchaus das Gefühl, dass das bei uns nicht diesen Einfluss hätte, so wie ich die Spieler und den Staff wahrnehme. Aber wir haben auch keine unglaublich gefestigte, über Jahre gewachsene Mannschaft, die fünfmal Meister geworden ist: Nimmt man den durchaus einschneidenden Shaqiri-Zuzug Ende August als Ausgangspunkt, dann arbeitet das Team in dieser Form erst seit acht Monaten zusammen. In den ersten zehn Minuten gegen den FCZ hat man beispielsweise gesehen, dass wir nicht unverwundbar sind.«Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Offensive weiterhin nur sehr schwer zu verteidigen sind.» Daniel Stucki über Bénie Traoré, Philipp Otele – und natürlich Xherdan Shaqiri (von links nach rechts).Foto: Marc Schumacher (Freshfocus)Wie nehmen Sie denn die Mannschaft und den Staff wahr?Ich durfte selbst dreimal Meister mit dem FCZ werden und spüre im Moment in der ganzen Einstellung und in der Atmosphäre viel Gutes, das mich daran erinnert. Ich sehe auch, dass wir im Flow und viele Spieler in Topform sind. Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Offensive weiterhin nur sehr schwer zu verteidigen sind. Und ich sehe ebenfalls, dass die Abwehr seit der Länderspiel-Pause nur ein Gegentor zugelassen hat.Darf man Ihnen aber zumindest schon zu einer guten Saison gratulieren?Absolut. Sogar zu einer sehr guten Saison. Wir werden am Ende auf einem der ersten drei Plätze stehen und nächste Saison die Chance dazu haben, im Europacup dabei sein. Das war unser Ziel. Mit der Rückholung von Xherdan Shaqiri konnten wir zudem eine einzigartige Dynamik und Euphorie auslösen. Und ich finde, dass man zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Saison auch feststellen darf, dass wir darüber hinaus gute Transfers gemacht haben und einige Spieler im Kader haben, die nun auf eine gute Entwicklung zurückblicken können.Also wären Sie gar nicht enttäuscht, wenn es nun doch nicht klappt mit dem Meistertitel?Im Gegenteil: Verpassen wir den Titel nun noch, wäre die Enttäuschung für alle riesengross. Im ganzen Club sind gerade sehr viele Emotionen. Als Sportchef muss ich aber am Ende in der Lage sein, eine Saison ohne Emotionen zu bewerten. Wenn du aber fünf Runden vor Schluss mit sechs Punkten Vorsprung an der Spitze liegst, dann kann es nur noch ein Ziel geben: Meister werden.Einen grossen Anteil daran hätte Xherdan Shaqiri.Er ist eine absolute Identifikationsfigur, und dass er momentan so fit ist, ist für uns entscheidend. Er hat einen unglaublichen Siegeswillen, den er den anderen Spielern vermitteln kann. 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Im Team hätte es natürlich auch Alternativen, die man umfunktionieren könnte.Nicolas Vouilloz – hier am Boden, aktuell aber ganz oben: Daniel Stucki sieht im Innenverteidiger einen Typ Spieler, wie er jungen angehenden Profis als Vorbild dienen sollte.Foto: Daniela Frutiger (Freshfocus)Dann hat Vouilloz, der eigentlich schon als abgeschrieben galt, eine Chance erhalten.Nicolas ist ein absoluter Vollprofi und körperlich unglaublich fit. Sogar als er eine Zeit lang fast nur auf der Tribüne war, gehörte er im Training immer zu den Besten. Es ist eindrücklich, wie er bereit war, als es ihn brauchte. Junge Fussballer wollen immer werden wie Shaqiri. Das ist ja auch in Ordnung. Aber eigentlich sollte sich ein junger Spieler an Vouilloz’ aktuellem Beispiel orientieren: hart arbeiten und Geduld haben – aber die Chance nutzen, wenn sie kommt.Adrian Barisic ist wohl bald wieder einsatzbereit. Nun gilt aber: Never change a winning team. Nicht?Das ist Sache des Trainers.Wie sehen Sie das?«Never change a winning team» klingt so pauschal. Aber ja, es gibt viel, das dafür spricht, wenig an der Teamdynamik zu ändern. Wir sind im Flow, harmonieren gut, und wenn man etwas umstellt, macht man sich eventuell angreifbar. Klappt es nicht, dann unterbricht man womöglich die Dynamik und kann diese nicht mehr zurückerlangen.Im Flow befindet man sich seit der Nationalmannschaftspause. Hat es die Unruhen, die es da rund um interne Diskussionen mit und um den Trainer samt grossem Medienecho gab, am Ende sogar gebraucht?Nein, das würde ich nicht sagen. Natürlich braucht es immer wieder mal eine Challenge und gewisse Hebel, die man betätigen muss, auch wenn es unangenehm ist. Triggerpunkte zu treffen, ist etwas Positives, wenn es die richtigen sind. Man muss sehen: Es gibt ganz verschiedene Persönlichkeiten, Führungsstile und Arten, Trainer zu sein. Und jede davon hat Stärken und Schwächen. 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Und ich habe nach wie vor ein sehr gutes Verhältnis mit Fabio.War es im Nachhinein richtig, bereits in der Nationalmannschaftspause andere Trainer zu kontaktieren?Dass Medien diese gestreuten Informationen aufgreifen, ist normal. Und ich musste für meinen Teil lernen, dass es in gewissen Kreisen Lecks gibt, bei denen solche Informationen nach aussen dringen können. Das ist jetzt halt zu einem schlechten Zeitpunkt und auch anders, als es tatsächlich war, in die Medien geraten. Das ist auch ein Learning für mich. Ich bin ein junger Sportdirektor und noch nicht mit allen Wassern gewaschen. Die Kritik, dass hier nicht alles gut gelaufen ist, nehme ich an.Wird man denn mit Fabio Celestini in die nächste Saison gehen?Ja, wir wollen mit Fabio in die nächste Saison gehen.Und will er auch mit dem FCB in die nächste Saison gehen?Darüber habe ich nicht mit ihm gesprochen. Sein Traum ist es, irgendwann mal in Spanien zu trainieren, das ist auch okay. Und wenn er diese Chance bekommt, werden wir wohl nicht mithalten können.Irgendwann muss es aber für beide Seiten klar sein.Richtig. Nach der Saison. Wir starten sicherlich mit dem Trainer in die Vorbereitung, der dann auch die Saison beginnen wird.Wie antizipiert man die Möglichkeit, dass Celestini nicht in Basel bleiben will?Wir haben keine Glaskugel. Aber wir bereiten uns die ganze Saison auf alle Eventualitäten vor – auch, indem wir Kontakte zu Trainern pflegen, die irgendwann einmal, sei das auch in fünf Jahren, Trainer beim FCB werden könnten. Das gehört einfach zu meinem Job.So auch bei der Kaderplanung. Wie steht es da eigentlich um einen Verbleib von Metinho im Sommer?Es wäre sicherlich in unserem Interesse, ihn beim FC Basel zu halten. Da wir ihn auf Leihbasis ohne Kaufoption verpflichtet haben, gibt es Verhandlungen. Im Vergleich mit anderen möglichen Interessenten befinden wir uns hierbei aber in der Poleposition, weil der Spieler Interesse an einem Verbleib hat.Aber der Preis ist noch nicht ausgehandelt.Also wir wissen, was die City Football Group will. Aber das kann er für uns nicht kosten. Für uns ist es nicht ganz einfach, wenn eine so grosse Organisation hinter einem Spieler steht, denn sie sind nicht auf unser Geld angewiesen.Wie ist es bei Philip Otele?Viele Argumente sprechen dafür, ihn zu behalten. Denn er ist ein Spieler, der eine hohe Performance bringen kann und bei dem wir nicht darauf warten müssen, bis sich sein Potenzial entfaltet.Man kann ja einfach die Kaufoption über 3,5 Millionen Dollar einlösen. Oder wird da nachverhandelt?Ich kann nichts Genaueres sagen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten …Im Geschäftsjahr 2024 wies der FCB einen Transfergewinn von 34,1 Millionen Franken aus. 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Aber es ist auch klar, dass wir einen möglichen Abgang auf der Rechnung haben müssen.Mit einem allfälligen Meistertitel würde der Anspruch für die nächste Saison stark steigen. Sie müssten die Abgänge so ersetzen, dass sie nicht ins Gewicht fallen.Ja, das wird unsere grösste Challenge in diesem Sommer sein. Die Spieler, die wir holen, müssen in der Lage sein, mindestens unter den ersten 15 des Kaders spielen zu können. Und zwar von Anfang an. Wir können nicht einfach zehn Talente im Team haben, die wir erst noch ein halbes Jahr lang entwickeln müssen, bevor sie Leistungen bringen. Wie es beispielsweise bei Thierno Barry der Fall war, der sich dann dafür umso rasanter in eine der grossen Ligen skorte.Ist man bei Barry an den Transferrechten beteiligt?Wir verkaufen nie einen Spieler ohne Beteiligung.Wie steht es um die Vertragsverlängerung mit Albian Ajeti?Wir sind dran. Momentan wird er leider nicht belohnt für das, was er macht. Aber er ist in einer super Verfassung. 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Zudem ist er regelmässiger Diskussionsgast im Fussball-Podcast «Dritte Halbzeit».Mehr InfosLinus Schauffert ist Redaktor im Ressort Sport bei der Basler Zeitung und berichtet schwerpunktmässig über den FC Basel. Mehr Infos@linusschauffertFehler gefunden?Jetzt melden.0 Kommentare