
Marco Streller: «Es ist schlimm, Sofameister zu werden»
Dieser Artikel wurde von BZ publiziert.
Marco Streller: «Es ist schlimm, Sofameister zu werden»
Seit 2002 ist der FC Basel etliche Male vorzeitig Schweizer Meister geworden. Dieses Wochenende könnte es in der viertletzten Runde so weit sein. Ein Blick in die Basler Titelgeschichte zeigt, dass er nie zuvor tatenlos zusehen musste, wie die Meisterschaft ihm zufiel. Und Marco Streller erklärt, warum das für einen Spieler auch nicht schön ist.
Exklusiv für Abonnenten
Gewinnt der FCB am Samstag und Servette am Sonntag nicht, feiert Basel einen sogenannten Sofameister.
Es kann etwas Einmaliges passieren am Wochenende: Der FC Basel könnte seinen 21. Meistertitel gewinnen, ohne unmittelbar etwas dafür zu tun. Das wäre der Fall, wenn der FCB am Samstagabend seinen Match in Lugano gewinnt und Servette tags darauf gegen die Young Boys nicht. Dann wäre der Vorsprung der Basler nicht mehr aufzuholen, der FCB würde somit am frühen Sonntagabend mit dem Abpfiff in Genf, wie man so schön sagt, daheim auf dem Sofa Meister werden.
Andere Beispiele dafür, die den FCB betreffen, gibt es seit dem ersten Titel 1953, der an einem 7. Juni in der zweitletzten Runde mit einem 1:0 gegen Servette vor 15’000 Zuschauenden auf dem Landhof Tatsache wurde, keine. Es ist allerdings die Saison 2011/12 in Erinnerung, in der der FCB zwar nicht tatenlos zusehen musste, wie er Meister wurde, aber lange Zeit anderen Kräften ausgeliefert schien.
Es war die Saison mit dem Pleitier Bulat Tschagajew in Neuchâtel. Nach der ersten Saisonhälfte wurde Xamax die Lizenz entzogen und die Super League mit einem Team weniger zu Ende gespielt. Doch damit nicht genug: In Sion richtete Christian Constantin mit dem Einsatz nicht spielberechtigter Akteure ein Chaos an, das sich über alle Instanzen bis zum Internationalen Gerichtshof und dem Bundesgericht in Lausanne hinzog.
22. April 2012 im Sittener Tourbillon: Der FCB feiert beim 3:0-Sieg das zweite Tor durch Markus Steinhöfer (Dritter von links), aber noch nicht die quasi feststehende Meisterschaft. Links Xherdan Shaqiri, daneben Granit Xhaka, rechts Jacques Zoua und Captain Marco Streller.
Am 22. April 2012 hatte der FCB nach einem 3:0-Sieg im Sittener Tourbillon 16 Punkte Vorsprung auf Luzern und war bei fünf ausstehenden Luzerner Spielen eigentlich nicht mehr einzuholen. Weil aber immer noch ein Einspruch der Luzerner gegen eine Spielwertung gegen Sion hängig war, verkniffen sich die Basler einer Meisterfeier ähnelnde Rituale.
Quasi als Meister mit Sternchen gingen sie eine Woche später in die sechstletzte Runde daheim im ausverkauften Joggeli und beseitigten mit einem 3:1 gegen Lausanne-Sport auch noch die allerletzten rechnerischen Zweifel.
Strellers Wunsch: Entscheidung in Lausanne
So viel zu jener abstrusen Saison. Mit dabei waren damals der Teenager Xherdan Shaqiri und Marco Streller. Der hat zwischen 2004 und 2015 acht Meistertitel mit dem FCB gefeiert, die meisten davon mit der Captainbinde am Arm. Die Stürmerlegende hat eine klare Meinung zum Thema Sofameister: «Der FCB hat jetzt so lange darauf gewartet, da nimmt man natürlich die Meisterschaft auch so. Aber eigentlich ist es schlimm, Sofameister zu werden.»
Streller erklärt auch warum: «Ich habe das zwar nie erlebt, aber aus der Spielerperspektive willst du auf dem Spielfeld stehen und Meister werden in einem verschwitzten Leibchen und mit den Fans im Stadion feiern. Das sind die grössten Emotionen. Deshalb wünsche ich mir, dass der FCB in Lugano gewinnt und Servette auch. Dann kann man das am Mittwoch klarmachen. Es wird dann zwar in Lausanne kein Heimspiel sein, aber es werden sicher genügend Fans mitkommen, um mit der Mannschaft zu feiern.»
Einen FCB-Rekord hat YB pulverisiert
Die Meistertafel zeigt, dass der FCB in den meisten Fällen am letzten Spieltag der Saison den Titel klarmachte. Zwischen 1967 und 1980 war das bei den Meisterschaften Nummer 2 bis 8 so. Einmal, 1977, musste bei Punktgleichheit sogar ein Entscheidungsspiel in Bern gegen Servette (2:1) über Triumph oder Niederlage bestimmen.
2008 und 2010 waren es zwei Finalissimas, in denen Platz 1 und 2 ausgemacht wurden. Beide gegen die Young Boys und beide Spiele entscheid der FCB für sich. Erst daheim gegen YB (2:1) mit Toren von Valentin Stocker und Marco Streller, zwei Jahre später dann nach einer Aufholjagd aus 13 Punkten Rückstand in Bern mit erneut einem Stocker-Tor und Scott Chipperfields Treffer zum 2:0-Endstand.
In der Neuzeit, ab dem Einzug in den neuen St. Jakob-Park 2001 und dem ersten Meistertitel 2002 nach der mit 22 Jahren längsten meisterlosen Zeit der FCB-Geschichte, setzte die sporadische Basler Dominanz ein. Während der wurden die Meistertitel ausser 2011 und 2013 jeweils vorzeitig klargemacht.
Etwa in der zweitletzten Runde 2013 und in der drittletzten im Jahr 2005. In der viertletzten Runde, was nun aktuell wieder möglich ist, machte der FCB 2002 und 2015 den Sack zu. Einmal (2004) war es am fünftletzten Spieltag so weit und dreimal – 2012, 2016 sowie 2017, dem bislang letzten Titelgewinn – stand Basel als Meister bereits nach der sechstletzten von 36 Runden im alten Liga-Modus fest.
Zehn Mal daheim Meister, zehn Mal auswärts
Exakt die Waage hält sich, wo der FCB jeweils in Meisterjubel ausbrach: zehn Mal auswärts und zehn Mal im Joggeli. Beim letzten Titel geschah das am 28. April 2017 in Luzern mit einem 2:1-Sieg (Tore: Seydou Doumbia und Renato Steffen). Anschliessend beendete der FCB die Super League mit 17 Punkten Vorsprung auf den Zweiten Young Boys. Noch mehr waren es 2012, als der FC Luzern in der Endabrechnung 20 Zähler hinter Basel lag. Ein Rekord, der 2020/21 pulverisiert wurde, als die Young Boys sage und schreibe 31 Punkte besser als der FCB auf Platz 2 waren.
Den frühesten Titel feierte der FCB am 24. April 2002 an einem Mittwochabend auf dem Berner Neufeld vier Runden vor Saisonende. Der datumsmässig späteste Titelgewinn geht auf den 30. Juni 1980 zurück und einen 4:2-Sieg beim FC Zürich im letzten Durchgang der Finalrunde. Dieses Mal wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Tag im Mai sein.
Wann der FCB seine 20 Meistertitel holte
7. Juni 1953, zweitletzte Runde
<!–>
FCB–Servette 1:0
Basel Meister mit vier Punkten vor YB in der Schlusstabelle.
–> <!–>
11. Juni 1967, letzte Runde
FCB–Grasshoppers 2:2
Basel Meister mit einem Punkt vor dem FC Zürich.
–> <!–>
7. Juni 1969, letzte Runde
FC Luzern–FCB 2:3
Basel Meister mit einem Punkt vor Lausanne.
–> <!–>
30. Mai 1970, letzte Runde
FC Wettingen–FCB 0:5
Basel Meister mit einem Punkt vor Lausanne.
–> <!–>
10. Juni 1972, letzte Runde
FCB–FC Zürich 4:0
Basel Meister mit vier Punkten vor dem FC Zürich.
–> <!–>
9. Juni 1973, letzte Runde
Young Boys– FCB 2:3
Basel Meister mit vier Punkten vor GC.
–> <!–>
28. Juni 1977, Entscheidungsspiel in Bern
FCB–Servette 2:1
Basel und Servette punktgleich nach der Finalrunde.
–> <!–>
30. Juni 1980, letzte Runde
FC Zürich–FCB 2:4
Basel Meister mit zwei Punkten vor GC.
–> <!–>
24. April 2002, viertletzte Runde
Young Boys–FCB 0:3
Basel Meister mit zehn Punkten vor GC.
–> <!–>
2. Mai 2004, fünftletzte Runde
FC Thun–FCB 0:2
Basel Meister mit 13 Punkten vor YB.
–> <!–>
11. Mai 2005, drittletzte Runde
FCB–FC St. Gallen 3:1
Basel Meister mit zehn Punkten vor Thun.
–> <!–>
10. Mai 2008, letzte Runde
FCB–Young Boys 2:0
Basel Meister mit vier Punkten vor YB.
–> <!–>
16. Mai 2010, letzte Runde
Young Boys–FCB 0:2
Basel Meister mit drei Punkten vor YB.
–> <!–>
25. Mai 2011, letzte Runde
FCB–FC Luzern 3:0
Basel Meister mit einem Punkt vor dem FC Zürich.
–> <!–>
29. April 2012, sechstletzte Runde
FCB–Lausanne-Sport 3:1
Basel Meister mit 20 Punkten vor FC Luzern.
–> <!–>
1. Juni 2013, letzte Runde
FCB–FC St. Gallen 1:0
Basel Meister mit drei Punkten vor GC.
–> <!–>
15. Mai 2014, zweitletzte Runde
FC Aarau–FCB 1:3
Basel Meister mit sieben Punkten vor GC.
–> <!–>
17. Mai 2015, viertletzte Runde
FCB–Young Boys 0:0
Basel Meister mit zwölf Punkten vor YB.
–> <!–>
30. April 2016, sechstletzte Runde
FCB–FC Sion 2:1
Basel Meister mit 14 Punkten vor YB.
–> <!–>
28. April 2017, sechstletzte Runde
FC Luzern–FCB 1:2
Basel Meister mit 17 Punkten vor YB.
–> <!–>
–>