FCB auf der Konzertbühne: Musikalische Fussball­feier im Stadtcasino

Dieser Artikel wurde von BAZ publiziert.

Meinung

FCB auf der Konzertbühne

Musikalische Fussball­feier im Stadtcasino

Zwei Personen in Fussballtrikots performen auf einer Bühne vor einem Orchester, eine der Personen hält einen Fussball.
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Da denkt man, nach der ESC-Woche sei in Basel wieder Normalität eingekehrt. Und dann so was! Schon beim Eintreten ins Foyer des Stadtcasinos laute Fangesänge, offene Bierdosen und überall Menschen in FCB-Trikots und -Schals. Was ist denn hier los? Schon wieder eine Meisterfeier? Wir haben doch erst Donnerstag? Und überhaupt: Die findet doch draussen, unter dem Papa-Joe’s-Balkon, statt und nicht im Konzertsaal?

Keine Sorge – Basel steht zwar immer noch kopf, aber hier geht alles mit rechten Dingen zu und her. Denn wenn das Joggeli zur Musikfestivalbühne wird, dann können wir umgekehrt auch ein Fussballfest im Musiksaal machen – scheinen sich zumindest die Basel Sinfonietta, das Theater Basel und der FCB gesagt zu haben, die am Donnerstag zur Uraufführung des Fussballoratoriums «Der 7. Himmel» luden.

Das Stück ist eine Neubearbeitung von «Die Tiefe des Raums», das Moritz Eggert anlässlich der WM 2006 in Deutschland schrieb. Nun, fast 20 Jahre später – quasi als Vorprogramm der im Juli steigenden Uefa Women’s Euro 2025 –, münzte es Eggert zusammen mit Librettist Wolfgang Bortlik auf die Fussballstadt Basel um. Dafür hat der Komponist im Dezember ein FCB-Spiel besucht und sich von den verschiedenen Klangebenen der Matchatmosphäre inspirieren lassen.

Echte Fussballprominenz

Herausgekommen ist ein Stück, das sich voll und ganz um den Fussball und den FCB dreht. Die Rahmenhandlung ist ein Spiel gegen den FCZ – zweimal 45 Minuten, mit einer 15-minütigen Pause und der für den Sieg nötigen Nachspielzeit. Die Hauptrolle hat ein Spieler (Tenor, Paul Curievici), daneben singen solistisch die Tugend (Sopran, Chelsea Zurflüh), das Laster (Mezzosopran, Annette Schönmüller) und ein Journalist (Bariton, Matthias Störmer).

In den Sprechrollen ist mit Beni Thurnheer, Beni Huggel und Danique Stein auch echte Fussballprominenz auf der Bühne vertreten. Und die Fankurve, auf den vorderen Balkonplätzen des Musiksaals positioniert, verkörpern Chor und Extrachor des Theaters Basel. Es spielt die Basel Sinfonietta unter der Leitung von Schiedsrichter (Dirigent) Titus Engel und Kapitänin (Konzertmeisterin) Simone Zgraggen.

Ein Kind in einem Fussballtrikot spielt, während ein Kameramann ein Gespräch zwischen zwei Männern auf einer Bühne filmt. Im Hintergrund spielt ein Orchester.

Mit der Melodie von «Z’Basel a mym Rhy», die sich schnell zu einer komplexen Polyfonie verdichtete, startet das Oratorium. Ein klangliches Wirrwarr mit Mannschaftsaufstellung und Zwischengesängen, -gerede und -geräuschen folgt – echte Stadionatmosphäre halt. Nach zwei Minuten ertönt das erste Solostück des Journalisten, der immer wieder über das Geschehen auf dem Platz – das man sich als Publikum mehrheitlich selbst herbeifantasieren muss – singend philosophiert.

Hymne an den Ball

Und dann der erste grosse Dämpfer: In der 18. Minute geht der FCZ in Führung – das Orchester schlägt plötzlich düstere, dissonante Klänge an, und auf der Tribüne singt ein Fan ein himmeltrauriges Lamento: «Fast zwei Meter ist unser Langer lang und kriegt den Ball nicht aus dem Strafraum!» Doch der FCB fängt sich und gleicht in der 44. Minute aus. Zeitweise gibt es Gesangsquartette zur Abseitsfalle, eine Hymne an den Ball («Du Ball, du Runder»), Reminiszenzen an alte Zeiten ohne VAR – und Huggel erzählt von seinen Karriereanfängen in Münchenstein und Arlesheim.

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Die zweite Halbzeit beginnt dann mit einer Pechsträhne – der Spieler verletzt sich, der FCB verschiesst einen Penalty, und Zürich geht 2:1 in Führung. So wird bald Kritik auf den Rängen laut: «Der denkt doch jetzt schon nur noch ans Geld» – dies, nachdem das Laster dem Spieler einen silbergrauen Lamborghini versprochen hat. Auch Trainerin Stein ist mit dem Gezeigten nicht zufrieden, schimpft mit dem Spieler und kritisiert die Sensationslust der Menge: «Wenn ihr Unterhaltung wollt, geht ins Tabourettli und schaut euch HD Läppli an.»

Das Fussballoratorium ist voll von witzigen Textpassagen, die von einer raffiniert zusammengewobenen Musik – die immer wieder Melodien aus der Kurve aufnimmt – getragen werden. Alle zentralen Themen des Fussballs kommen zur Sprache, die guten wie die schlechten. Am besten bringt es vielleicht die Szene auf den Punkt, als eine Geburt verschoben werden muss, weil das Spiel noch nicht fertig ist: «Halte das Kind zurück», heisst es da, «es geht noch 16 Minuten! Plus Nachspielzeit!»

Mit «Hakan» in der Kabine

Das musikalische Highlight des Abends ist die hochvirtuose Tugend-Arie, die die legendäre Kabinen-Szene mit Christian Gross und Hakan Yakin persifliert – Sie erinnern sich: «Als Aaregig, Hakan, doch nöd als Kritik, dammi nomal!» Und zum Schluss geht auch das Spiel gut aus: Der FCB setzt zur Aufholjagd an und erzielt in der 97. Minute das 3:2. Basel gewinnt – und damit letztlich auch die Seele des Fussballs.

Auch wenn sich das Publikum beim ausgiebigen Schlussapplaus nicht ganz zu «Wär nit gumpt, dä isch kai Basler» ermutigen lässt: Dieses Fussballoratorium ist ein Genuss, besonders für jene, die sich mit Fangesängen und Anekdoten rund um den Basler Fussball auskennen. Am kommenden Dienstag wird «Der 7. Himmel» nochmals aufgeführt.

«Der 7. Himmel», Dienstag, 27. Mai, Musiksaal des Stadtcasinos Basel, 19–21.15 Uhr.

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