
Ex-FCB-Trainer Timo Schultz gratuliert im Interview: «Alles was David Degen macht, macht er zum Wohle des FC Basel»
Dieser Artikel wurde von BZ publiziert.
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Ex-FCB-Trainer Timo Schultz gratuliert im Interview: «Alles was David Degen macht, macht er zum Wohle des FC Basel»
Im Spätsommer 2023 war Timo Schultz elf Spiele lang Trainer des FC Basel. Es war eine turbulente Zeit mit vielen Transfers, Kritik aus dem Team und Niederlagen. Dennoch blickt der schnell entlassene Deutsche wohlwollend auf seine Zeit in der Schweiz zurück.
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Daumen hoch: Trotz schneller Entlassung hat Ex-Trainer Timo Schultz den FC Basel in sein Herz geschlossen und freut sich in Hamburg über den sportlichen Erfolg.
Was denken Sie, wenn Sie auf die Tabelle der Super League schauen?
Timo Schultz: In allererster Linie freue ich mich. Für den FC Basel und für die Fans, die in den letzten sechs Jahren nicht viel zu feiern hatten. Aber auch für die handelnden Personen. Denn obwohl man mich relativ schnell wieder rausgeschmissen hat, haben die Mitarbeitenden im Klub am Ende nur das Beste für ihren Verein im Sinn. Der Erfolg ist der Lohn guter Arbeit. Dafür gratuliere ich von Herzen.
Wie darf man sich Ihren FCB-Konsum im Hamburg vorstellen?
Ich habe immer noch den Liveticker auf dem Handy unter meinen Favoriten gespeichert. Sobald die Highlights in Deutschland verfügbar sind, schaue ich sie mir an. Auch den «Blick» habe ich noch in der Lesezeichenliste. Deswegen bin ich gut informiert, was den FC Basel und den Schweizer Fussball angeht.
Haben Sie noch Kontakt zum FCB?
Wenig, viele meiner Wegbegleiter sind ja heute nicht mehr im Verein. Aber mit David Degen gibt es hin und wieder SMS-Kontakt. Er hat mir zum Beispiel zu meinem Job in Köln gratuliert und ich zu einem guten Spiel oder der guten allgemeinen Entwicklung des FC Basel.
Also gibt es nach der Entlassung kein böses Blut?
Absolut nicht. Alles was David Degen macht, macht er zum Wohle des FC Basel. Und ich habe lieber einen Chef, der sich in den Wind stellt und Dinge fordert oder vorschlägt als einen, der erst später sagt, was man alles hätte besser machen müssen. Degens totale Identifikation mit dem FCB habe ich gespürt und der oder die Titel geben ihm jetzt recht. Natürlich ist eine Trennung nie toll und wir hatten auch zuvor inhaltlich viele Diskussionen. Aber unser Verhältnis war immer gut, weil wir uns offen und ehrlich die Meinung gesagt haben. Die war nicht immer gleich aber oft ähnlich.
Wo zum Beispiel?
Dass es eine Kaderauffrischung braucht. Man konnte damals schon sehen, dass es an vielen Stellen einfach nicht mehr reicht. Das hat aber zu meiner Zeit dazu geführt, dass wir nur mit 16 Spielern ins Trainingslager sind und ich am Mittwoch teilweise nicht wusste, wer am Donnerstag noch im Training zur Verfügung steht.
Sie wussten aber im Vorfeld, dass es viele Mutationen, am Ende waren es 39, geben wird.
Ja, ich wusste, dass der FCB einen Umbruch plant und auch auf Transfereinnahmen angewiesen ist. Deswegen will ich mich auch nicht beklagen. Aber als Trainer war diese Situation bei laufendem Spielbetrieb und offenem Transferfenster alles andere als optimal. Es ist doch vollkommen normal, dass du nicht 100 Prozent Leistung liefern kannst, wenn du in Gedanken beim anderen Vereinen bist und dich auf keinen Fall verletzten willst. Dennoch hätten wir nicht gegen Kostanay aus dem Europacup ausscheiden müssen und auch in der Liga den ein oder anderen Punkt mehr holen können.
Keine gute Bilanz: Timo Schultz gewann mit dem FC Basel nur eines von sieben Ligaspielen und schied aus dem Europacup aus.
Hat sich Ihre Entlassung nach dem 1:1 gegen Luzern angebahnt oder waren Sie überrascht?
So etwas zeichnet sich über Wochen ab. Wir haben viele Gespräche geführt. Heiko Vogel, David Degen und ich waren oft nicht einer Meinung, was die Kaderplanung betraf. Dazu kamen die schlechten Ergebnisse mit nur einem Sieg in der Liga und dem Ausscheiden aus dem Europacup. Ich konnte verstehen, dass sie den Trainer wechseln wollten. Aber ich hätte gerne auch noch ein paar Wochen mehr Zeit bekommen. Denn das Transferfenster war ja gerade geschlossen worden.
Haben Sie Heiko Vogel seither noch einmal getroffen?
Nein, er lebt am Tegernsee, ich in Hamburg. Aber ich würde mich auch freuen, ihn wieder zu treffen. Er ist ein toller Typ und eine Persönlichkeit.
Kurzzeit-Sportdirektor Heiko Vogel war als FCB-Trainer Vorgänger und Nachfolger von Timo Schultz.
Als er von Ihnen übernahm, gab es in vier Spielen weder ein Tor noch einen Punkt. Was dachten Sie damals?
Ich sass sicher nicht auf dem Sofa und habe mich gefreut, dass es nach meiner Entlassung nicht besser wurde. Der FC Basel ist ein grossartiger Verein mit tollen Fans in einer schönen Stadt. Wir hatten eine gute Truppe. Ich hoffte, dass sie die Kurve kriegen. Aber Heiko hat in dem Moment nicht das vom Team zurückbekommen, was er sich erwünscht hat.
Waren Sie noch einmal in Basel?
Ja, zweimal. Und ich komme bald auch gerne wieder ins Joggeli, am liebsten an ein Champions-League-Spiel. Ich hoffe, das setzt jetzt nicht zu viel Druck auf. (Lacht.)
Sind Sie an die Meisterfeierlichkeiten eingeladen?
Nein, da wäre ich auch fehl am Platz. Ich werde lieber in Hamburg ein Feldschlösschen auftreiben und auf die Meisterschaft anstossen.
Finden Sie Schweizer Bier im Hamburg oder wird es am Ende das ostdeutsche Feldschlösschen?
Ich wundere mich, was man hier alles kriegt. Es gibt auch ein paar Schweizer Restaurants im Norden Deutschlands. Wir werden sehen.
Timo Schultz liess sich schon als Spieler von St. Pauli am Zapfhahn ablichten.
Drei Monate nach Ihrer Entlassung in Basel übernahmen Sie das Bundesliga-Schlusslicht Köln. Dort gab es eine Transfersperre.
Das war im Vergleich zu Basel doch schon einmal ganz gut. (Lacht.) Spass beiseite. Köln hat in Deutschland ähnlich wie Basel in der Schweiz eine Riesen-Strahlkraft. Deswegen habe ich relativ schnell wieder einen Job angenommen. Wir haben in der Rückrunde 17 Punkte geholt, diese Leistung hätte über die gesamte Saison wohl zum Klassenerhalt gereicht. Aber die Qualität war am Ende nicht ausreichend, um eine Siegesserie zu starten. Auch jetzt in Liga zwei spaziert der FC nicht einfach wieder zurück in die erste Bundesliga.
Zwei Runden vor Schluss mussten sogar Trainer Gerhard Struber und Sportchef Christian Keller gehen, obwohl der FC mit drei Punkten Vorsprung auf Rang zwei stand. Was dachten Sie nach der Nachricht?
In Köln herrscht ein enormer medialer Druck. Als zuletzt die Leistungen nicht mehr stimmten, wurde ein Schuldiger gesucht. Das ist oft der Trainer und in diesem Fall wurde der Sportchef gleich mitentlassen. Ich hoffe, dass Friedrich Funkel den Aufstieg ins Trockene bringt, denn der 1. FC Köln gehört in die Bundesliga. (Dafür fehlt am letzten Spieltag am kommenden Wochenende gegen Kaiserslautern noch ein Punkt. Anm. d. Red.)
Timo Schultz feierte mit dem 1. FC Köln einige Siege, doch den Abstieg konnte er mit seinem Team nicht verhindern.
Haben Sie nach dem schwierigen Jahr mit Basel und Köln an Ihrer Arbeit gezweifelt?
Ja klar. An beiden Orten war es hektisch und im Nachgang habe ich für mich auch analysiert, was nicht gut lief und was hätte vermieden werden können.
Wie lautet Ihr Learning aus der Zeit beim FCB?
Dass man in turbulenten Zeiten mit vielen Spielerwechseln vielleicht nur auf ein Spielsystem setzt, damit die Spieler immerhin diese Sicherheit haben. Und vielleicht hätte ich bei den ganzen Diskussionen das ein oder andere Mal mehr meine Meinung im Sinne des Sports durchsetzen sollen.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Leon Avdullahu, dem Sie die ersten Profiminuten schenkten?
Er ist ein guter Junge, der damals die Chance genutzt und auf sich aufmerksam gemacht hat. Ich freue mich für Leon und bin gespannt, wo sein Weg hinführen wird.
Was entgegnen Sie der Kritik, dass Ihr Training in Basel zu lasch gewesen sein soll?
Das ist für mich eine Frage nach der Henne und dem Ei. Natürlich war die Trainingsintensität schlecht. Das müssen wir nicht diskutieren. Aber das lag zum einen an der Vorsaison, welche die Spieler ausgelaugt hatte und den vielen Wechselwilligen, die nicht mehr mit voller Intensität dabei waren. Ich hielt es in dieser Situation nicht für angebracht, als Strafe 1000-Meter-Läufe anzusetzen. Gerne halte ich fest, dass sowohl St. Pauli als auch Köln zu den fittesten Teams der Liga gehörten.
Nach Ihrem Abschied bei St. Pauli stieg der Klub in die Bundesliga auf. Der FC Basel gewinnt jetzt wahrscheinlich das Double und auch Köln steigt womöglich wieder auf, nachdem Sie entlassen wurden. Sind Sie der Wegbereiter, nach dessen Abgang alles floriert?
(Lacht.) Interessante Beobachtung. Für St. Pauli will ich das gelten lassen, weil wir dort unter meiner Regie einige Dinge in die richtigen Bahnen gelenkt haben. In Basel und Köln war mein Einfluss wohl aber zu gering, als das der eingetretene Erfolg irgendetwas mit meiner Arbeit zu tun hat. Die FCB-Mannschaft von heute ist eine komplett andere als die, welche ich damals trainierte.
Sind Sie neidisch auf Ihre Nachfolger, die an gleicher Stelle jetzt Erfolg haben?
Nein, kein bisschen. Das passt nicht zu mir. Ich gönne all meinen Ex-Klubs den maximalen sportlichen Erfolg und freue mich.
Bald sind Sie ein Jahr ohne Job. Wie sieht Ihr persönlicher Zukunftsplan aus?
Mit St. Pauli, Basel und Köln ging alles relativ schnell. Darum habe ich bewusst eine längere Pause gemacht und nicht sofort das nächstbeste Angebot angenommen. Aber langsam bin ich wieder heiss für die nächste Aufgabe.
Timo Schultz hatte nach seinem Abgang aus Basel auch zwei lose Anfragen aus der Schweiz.
Zuletzt gab es Gerüchte um den FC Paderborn oder AIK Solna aus Schweden. Hatten Sie auch wieder Anfragen aus der Schweiz?
Es gab zwei lose Kontaktaufnahmen aus der Super League, aber die wurden nicht weiter verfolgt. Der neue Klub muss einer sein, der zu mir passt. Ich bin kein Feuerwehrmann, sondern ein Entwickler und hoffe, dass ich irgendwo etwas aufbauen und junge Spieler ausbilden kann. Es kann vom Druck der Öffentlichkeit her auch gerne eine Stufe unter Basel oder Köln sein.