
David Degen und Daniel Stucki ziehen nach der Meistersaison ausführlich Bilanz: «Der FCB hat kein Fieber mehr»
Dieser Artikel wurde von BZ publiziert.
FC Basel
David Degen und Daniel Stucki ziehen nach der Meistersaison ausführlich Bilanz: «Der FCB hat kein Fieber mehr»
Präsident David Degen und Sportdirektor Daniel Stucki, die Baumeister des Erfolgs des FC Basel, blicken auf die Meistersaison zurück. Sie erklären die Meilensteine und wagen einen Blick in die Zukunft, in der weitere Titel das Ziel sind.
Sportdirektor Daniel Stucki und Präsident David Degen harmonieren.
Gratulation zum Titel, wie feiern Sie persönlich den Erfolg?
Daniel Stucki: Sehr ruhig, ich geniesse Erfolge gerne mit dem Team.
David Degen: Ich feiere auch nicht so, wie viele vielleicht denken. Ich freue mich vor allem innerlich, nicht in einer Umgebung, wo mich andere sehen könnten. Ich ticke aber so, dass ich jetzt schon an kommende Aufgaben denke.
Gab es besondere Glückwünsche?
Degen: Nein. Im Erfolg kriechen alle aus den Löchern. Ohne Erfolg ist es still. Ich weiss, wer zu mir steht und wer nicht. Alles andere ist unwichtig.
Was sind die Bausteine des Erfolgs?
Stucki: Der neue Staff im Sommer hat einen Mentalitätswandel ausgelöst. Es wurde härter gearbeitet, wir waren sehr fit. Dazu hatte Xherdan Shaqiri einen grossen Anteil, aber auch andere Spieler haben viele Skorerpunkte gesammelt. Für den Erfolg brauchte es alle.
Degen: Wir sind als Team zusammengerückt. Wir, die am Ruder sind, haben viel Vertrauen zueinander und sind sehr kritisch miteinander. Wir treffen keine Entscheidungen aus dem Bauch heraus, alles ist durchdacht. Deshalb bin ich riesig stolz auf alle, die etwas zum Erfolg beigetragen haben.
Spüren Sie Genugtuung?
Degen: Genugtuung ist das falsche Wort. Wir haben immer unseren Plan durchgezogen, egal, wie schwierig es war. Uns ging es um finanzielle Stabilität, darum, nur auszugeben, was wir auch einnehmen, und nicht auf Pump zu leben. Und vor allem: nicht auf Hoffnung zu setzen. Denn Hoffnung kostet im Fussball enorm viel Geld und gibt dir keine Garantie auf Erfolg.
Wann spürten Sie: Wir können wirklich Meister werden?
Degen: Schwer zu sagen. Ich glaube Lugano zum Rückrundenauftakt auswärts, als wir gewannen (es war ein Unentschieden; Anm. d. Red.). Lugano galt als Meisterschaftsfavorit Nummer 1, wobei ich zu diesem Zeitpunkt immer noch vor YB warnte.
Stucki: Bei mir kam das Gefühl erst später. Wir verfolgten lange das Ziel Top 4. Nach dem Zürich- oder dem Yverdon-Spiel wurde es dann realistisch, dass wir Meister werden. Ich spürte im Team, dass es parat war und es schwierig sein würde, uns aufzuhalten. Das hat mich auch an meine Meisterjahre beim FCZ erinnert. Dort hatten wir eine ähnliche Stimmung.
Am 22. Mai zogen David Degen und Daniel Stucki in einer Pressekonferenz gemeinsam Bilanz.
Welche Rolle spielten die Unruhen um eine mögliche Entlassung von Trainer Fabio Celestini Ende März für den späteren Erfolg?
Stucki: Keine. Der Spirit im Team war schon vorher gut. Die Resultate im Anschluss schiebe ich lieber auf den Flow, in den wir durch die Siege kamen. Unser unglaubliches Potenzial kam zur Entfaltung. Es gab während der Saison immer wieder harte Diskussionen, auch mit dem Trainer. Dass diese nach dem 1:2 gegen YB Mitte März an die Öffentlichkeit drangen, ist ein Learning für mich. Aber das ist nicht der einzige Moment, aus dem ich etwas für meine tägliche Arbeit gelernt habe.
David Degen, Sie sind in den letzten Monaten öffentlich weniger in Erscheinung getreten. Liegt dem auch ein Learning zugrunde?
Degen: Der Eindruck täuscht. Ich versuchte schon vorher, mich öffentlich rar zu machen. Aber es ging manchmal nicht anders. Mit Daniel Stucki habe ich jetzt einen Sportchef, der sehr gut kommunizieren kann und mich fast überflüssig macht. Dani hat mit seinem Team hervorragende Arbeit geleistet. Er ist fleissig, diszipliniert und behandelt alle Leute gleich. Da können sich im Spitzensport viele etwas abschneiden. Keiner ist besser, nur weil er Chef ist.
Wird Celestini seinen Vertrag bis 2026 in Basel erfüllen?
Stucki: Wir sind in gutem Austausch und werden das Thema nach dem Cupfinal klären. Stand jetzt gehen wir davon aus, dass er unser Trainer bleibt.
Degen: Fabio ist sehr ehrgeizig und akribisch. Deswegen hat mich die Entwicklung des Teams unter seiner Leitung nicht überrascht. Er hat uns als Letzter übernommen, stabilisiert und gewinnt jetzt womöglich das Double. Diesen Leistungsausweis haben nicht viele Trainer. Deswegen weckt er auch Begehrlichkeiten aus dem Ausland.
Welchen Anteil hat Rückkehrer Xherdan Shaqiri am Titel?
Degen: Ihm baue ich ein Denkmal. Er hätte auch nach Saudi-Arabien oder sonst wohin wechseln können. Aber er ist den unbequemen Weg gegangen, hat den Titel angekündigt und geliefert. Der Druck für ihn war enorm. Dafür hat er ihn von anderen Mitspielern genommen, die dadurch wachsen konnten. Das ist eine Bilderbuchgeschichte, für die ich fast keine Worte finde.
Welche Spieler haben Sie in der Meistersaison neben Shaqiri auch noch beeindruckt?
Stucki: Eigentlich möchte ich niemanden hervorheben, denn ich habe alle gern. Aber Leon Avdullahu macht eine unglaubliche Entwicklung. Bénie Traoré hat mit 21 Skorerpunkten als Neuzugang eingeschlagen. Auch Nicolas Vouilloz und Jonas Adjetey haben sich grossen Respekt erspielt. Und auch diverse Spieler, die nicht mehr da sind, wie Thierno Barry, hatten ihren Beitrag.
Haben Sie das Erreichte schon realisiert?
Degen: Es gab in den letzten Tagen viel zu tun. Vielleicht realisiere ich wohl erst nach dem Cupfinal, was wir erreicht haben. Aber ich will den Fehler vermeiden, im Erfolg lockerzulassen. Lieber setzte ich jetzt noch einmal einen drauf.
Was ist das Ziel für die nächste Saison?
Degen: Oben mitspielen. Ob das gelingt, entscheiden viele Faktoren. Aber es ist klar: Wir müssen zur Spitze dieser Liga gehören. Das ist der Anspruch des FC Basel und seiner Fans. Nächste Saison sind wir der Gejagte. Die Bestätigung ist immer schwieriger als das, was wir in dieser Saison geschafft haben.
Welche Visionen haben Sie bezüglich der Champions League?
Degen: Zunächst müssen wir da reinkommen. Es sind nur zwei Spiele, doch die werden schwierig. Aber es ist logisch, dass unser Ziel die Gruppenphase der Champions League ist.
Die Europa League ist bereits sicher. Was ändert die Qualifikation für die Kaderplanung?
Stucki: Wir wollen ein Kader, das die Meistersaison in drei Wettbewerben bestätigen kann. Viele unserer Spieler sind noch nicht am Ende ihrer Entwicklung. Wir hoffen, dass sie den nächsten Schritt machen. In der Innenverteidigung und in der Breite des Kaders wollen wir uns punktuell verstärken. Aber alle Kaderspieler sollen realistische Chancen auf Einsätze haben.
Wie gesund ist der FC Basel jetzt?
Degen: Der Klub hat kein Fieber mehr. Bei den Aussenständen für Transfers bewegen wir uns für einen Schweizer Klub in astronomischen Summen. Aber Erfolg weckt Begehrlichkeiten und denen wird unter meiner Führung nicht nachgegeben. Wir werden erst recht auf die Kostenbremse treten. Mittlerweile sind wir wirtschaftlich an einem Punkt angekommen, an dem es nicht mehr darum geht, Kasse zu machen. Vor zwei, drei Jahren sah das noch anders aus. Da mussten wir Geld haben, um zu überleben.
Können Sie jetzt auch bei attraktiven Angeboten Nein sagen?
Degen: Wir müssen des Geldes wegen keinen Spieler verkaufen. Das ist das Entscheidende. Die Kaderplanung für die kommende Saison ist schon sehr weit, aber es kann noch sehr viel passieren. Wenn gute Angebote da sind, werden wir aber Spieler verkaufen. Denn sie gegen ihren Willen hier zu halten, macht keinen Sinn.
Wie lange machen Sie noch weiter, David Degen?
Degen: Stand heute hege ich keine Gedanken, abzutreten. Eine meiner Stärken ist meine Energie. Ich habe noch so viele Ziele. Bis wir den FCB so sehen, wie ich ihn mir wünsche, haben wir noch vieles vor. Ich freue mich auf das, was kommt.
Die Gespräche fanden im Rahmen von zwei Medienrunden statt.
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