
Analyse zum FCB: Auch mit der Königsklasse vor Augen ist Demut das Schlüsselwort
Dieser Artikel wurde von BAZ publiziert.
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Auch mit der Königsklasse vor Augen ist Demut das Schlüsselwort
Der FC Basel wird europäisch spielen – möglicherweise in der Champions League. Es gilt, realistisch zu bleiben und zu geniessen.

Bringt der erste Platz in der Meisterschaft den Baslern die Champions League?
Foto: Martin Meienberger (Freshfocus)
- Der FC Basel steht nach dem Double-Gewinn vor wegweisenden Veränderungen.
- Trainer Fabio Celestini wird den Verein trotz laufendem Vertrag verlassen. Sportchef Daniel Stucki muss das Team für die Dreifachbelastung verstärken.
- Ob Champions League oder Europa League: Die internationalen Spiele werden ein Highlight für den FCB.
Selbstverständlich ist bei diesem FC Basel nichts mehr. Auch nicht am Sonntag, als er im hundertsten Final der Schweizer Cupgeschichte gegen den FC Biel aus der Promotion League mit 4:1 gewinnt.
Dass alles ausser einem Sieg in diesem Spiel eine grobe Enttäuschung gewesen wäre, ist dabei klar. Eine jede Person, die gewisse Sympathien für den FC Basel hegt, hatte diesen Titel zumindest im Hinterkopf schon fix budgetiert. Doch als selbstverständlich hat ihn deswegen niemand angesehen.
Die Fans des FC Basel wissen nach Jahren ohne Titel, mit Unruhen und Abstiegssorgen, dass solche Momentaufnahmen vergänglich sind und wertgeschätzt gehören. Dieses Bewusstsein tut Rotblau gut. Und es ist der Gegenentwurf zum Jahr 2017, als man nach Jahren des Erfolgs ebendiesen schon beinahe überdrüssig war.
Die nun beendete Saison hat viele Geschichten geschrieben. Geschichten, die bereits zur Genüge erzählt wurden und deswegen hier ausgeklammert werden. Denn es ist an der Zeit für den Blick nach vorne, in die Zukunft.
Dort sehen die Basler Fans nun die Sterne der Champions League. Sie stehen sinnbildlich für die Hoffnung und den Wunsch danach, dass das eben gewonnene Double den Beginn eines neuen Zeitalters des Erfolgs darstellt. Wie auch schon das Double im Jahr 2017 das Ende eines Zeitalters dargestellt hatte.
Fabio Celestini verlässt den FC Basel
Wie der FCB nun vorgehen muss, damit der Gang in diese neue Ära gelingt, weiss niemand. Klar ist im Moment nur, dass es nicht ohne Veränderungen gehen wird. Denn das ging es noch nie. Fragt sich, wie zahlreich und einschneidend diese Veränderungen sein werden.

Fabio Celestini wird den FCB aller Voraussicht nach verlassen.
Foto: Martin Meienberger (Freshfocus)
Eine erste Antwort darauf gibt es bereits. Denn seit Montagmorgen verdichten sich die Anzeichen, dass Trainer Fabio Celestini Basel trotz Vertrag bis 2026 verlässt so sehr, dass ein Abgang nun als so gut wie gesichert betrachtet werden darf. Das offizielle Communiqué des Clubs steht noch aus – am Montagnachmittag sollen sich Sportdirektor Daniel Stucki und Celestini zu einem Gespräch treffen.
Wer Celestinis Nachfolger sein wird, ist offen. Hoch gehandelt wird der Name Davide Ancelotti, Sohn von Trainerlegende Carlo Ancelotti. Doch auch Patrick Rahmen und Ludovic Magnin sollen sich in der Verlosung befinden.
Dass Celestini Basel verlässt, war absehbar. Als Trainer, der Rotblau vom letzten auf den ersten Platz führte, weckte der Romand Begehrlichkeiten im Ausland – unter anderem von seinem Herzensclub Getafe CF. Dieser Abschied ist nüchtern betrachtet also nicht mehr als einer der Mechanismen des Fussballgeschäfts.
Der Mittelbau um Xherdan Shaqiri
Mit weiteren Gesetzmässigkeiten hat sich Daniel Stucki im Zusammenhang mit der Kaderplanung beschäftigt und wird das weiterhin tun. Hierbei gibt es vor allem zwei grosse Komponenten.
Einerseits sind da die bevorstehenden Abgänge von Leistungsträgern, die es aufgrund der erfolgreichen Saison zwangsläufig geben wird. Im Interesse Stuckis ist das natürlich nicht. Als Sportchef wünscht man sich, dass alle wichtigen Akteure beim Club bleiben. Doch auch hier gilt wie bei Celestini, dass man Akteure, die weiterziehen möchten, nicht aufhalten soll.
Klar, da ist ein mittlerweile gut gefestigter und leistungstragender Mittelbau, der aller Voraussicht nach über den Sommer bestehen bleiben wird. Zu nennen sind da zuerst Marwin Hitz, Dominik Schmid, Albian Ajeti und natürlich Xherdan Shaqiri. Wobei Letzterem eine besondere Rolle zukommt.
Nach Shaqiris überragender Saison stellt sich die Frage, wie gut er nach der Sommerpause daran anknüpfen kann. Ist es ihm möglich, auch im internationalen Wettbewerb ähnlich dominant aufzutreten? Wird er erneut einen vergleichbaren Ehrgeiz entwickeln, jetzt, da er sein grosses Ziel bereits erreicht hat? Wird es dem neuen Trainer gelingen, Shaqiri gleich gut in sein Spielsystem zu integrieren? Und: Ist es nach einer solchen Saison nicht sogar denkbar, dass Shaqiri ein Angebot von einem Club bekommt, das auch im Alter von 33 Jahren noch attraktiv sein könnte?
Klar ist nur: Xherdan Shaqiri wird auch die kommende FCB-Saison prägen.
Daniel Stucki muss Abgänge auffangen
Daneben gibt es jene Leistungsträger, bei denen ein Abgang deutlich weniger überraschen würde. Beispielsweise Leon Avdullahu, Adrian Barisic, Jonas Adjetey, Philip Otele, Metinho, Bénie Traoré und Anton Kade.
Daniel Stuckis Aufgabe wird es sein, die zu erwartenden Qualitätsverluste aufzufangen.
Zum einen muss er das so tun, dass es sich mit dem Basler Portemonnaie verträgt. Dieses ist zwar durch die bekanntlich herausragend guten Transfergeschäfte der letzten Saisons besser gefüllt als auch schon. Das strukturelle Defizit und die Liquidität stellen aber nach wie vor Herausforderungen dar, die Präsident Degen dazu veranlassen, Aussagen zu tätigen wie: «Wir müssen weiter auf die Kostenbremse treten, unserer Linie treu bleiben und demütig sein.»
Zum anderen müssen die Neuzugänge möglichst ohne Anlaufzeit ihre Leistungen bringen. Eine weitere Geschichte wie jene Thierno Barrys, der erst nach einer halben Saison angefangen hat zu treffen, würde sich nicht mit den gestiegenen Basler Ambitionen vertragen.
Erschwerend kommt dabei hinzu, dass Stucki das Kader auf eine Dreifachbelastung ausrichten muss. Denn egal wie die beiden europäischen Playoff-Spiele Ende August ausgehen: Der FCB wird mindestens bis Ende Januar 2026 international spielen.
Diese Herausforderung ist für Stucki neu, der ja erst seit gut einem Jahr als Sportdirektor arbeitet. Doch es ist eine Aufgabe, die man ihm aufgrund seines bisherigen Leistungsausweises und seines Umfelds, bestehend vor allem aus David Degen und der Sportkommission, durchaus zutrauen darf.
Der Traum von der Champions League
Es stellt sich vor all diesen Hintergründen die Frage, was man sich in der anstehenden Spielzeit vom FC Basel erhoffen darf. Die Antwort darauf ist simpel: beinahe alles. Die Qualifikation für die Champions League, den Einzug in die K.-o.-Phase, die Titelverteidigung in der Super League, die Titelverteidigung im Cup. All diese Träume wirken momentan in Basel am rechten Platz.
Anders verhält es sich bei der Frage nach den Erwartungen. Zu hohe Erwartungen sind oft eng gekoppelt an Enttäuschungen. Das heisst natürlich nicht, dass man sich keine Ziele setzen sollte. Diese sind wichtig, um messen zu können, wie gut gearbeitet wurde. Doch diese Ziele dürfen in der Euphorie, welche die vergangene Saison entfacht hat, nicht zu hoch sein.
Der FCB scheint dabei auf dem richtigen Weg. David Degen sagte jüngst im Hinblick auf die kommende Super-League-Saison: «Als FC Basel müssen wir konstant um den Titel spielen, entsprechend müssen wir uns aufstellen. Ob es dann reicht oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab.» Das klingt demütig.

David Degen beim letzten Meisterschaftsspiel gegen Luzern.
Foto: Martin Meienberger (Freshfocus)
Ebenso bemüht Degen, wenn er über die Champions League spricht, das Wort «Traum». Klar hätte man aus FCB-Sicht lieber die 18,62 Millionen Euro, die es für eine Teilnahme an der Champions-League-Gruppenphase gibt, als die 4,3 Millionen der Europa League. Auch die Punkteprämien sind in der Königsklasse um einiges attraktiver. Aber Rotblau tut gut daran, hier eine Perspektive einzunehmen, die man aus vergangenen Monaten kennt: Man muss nicht. Man darf.
Denn auch die bereits jetzt fixe Teilnahme an der Europa League wäre für alle im und um den Club ein Highlight, das man seit der Saison 2019/20 nicht mehr hatte. Das Motto lautet als auch hier: Demütig bleiben und dankbar sein für das, was auf den FCB zukommt.
Selbst wenn die Nächte nicht so magisch werden sollten, wie sie das zu den besten Jahren waren. Es gilt zu geniessen.
Es beginnt von null in der Super League
So ist es im Übrigen auch in der Super League. Die Dominanz der letzten Wochen kann leicht dazu verleiten, dass man alles unter einem neuerlichen Titelgewinn als enttäuschend betrachtet.
Auch das wäre ein Fehler. Denn es beginnt wieder bei null. Ob es für die Titelverteidigung reicht, hängt dabei von vielem ab. Davon, wie gut man Abgänge ersetzen kann. Davon, wie gut man das Kader punktuell verstärken kann. Davon, wie ruhig es im Club ist. Und natürlich nicht zuletzt davon, was die Konkurrenz macht.
Der Fussball lebt von den Emotionen, von den Misserfolgen, die es braucht, damit im Sieg die Freude in all ihrer Fülle heraufschiesst. Denn wenn die letzten Jahre des FC Basel eines gezeigt haben, dann, dass nichts selbstverständlich ist. Und dass gerade deswegen der Erfolg so süss schmecken kann.
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